Der Spiegel des Sammlers – die Seibert Collection

Der Spiegel des Sammlers – die Seibert Collection


In den Heckmann-Höfen in Berlin-Mitte zelebriert Professor Ulrich Seibert sein Faible für Pop-Comic-Surrealismus mit dem ihm eigenen Augenzwinkern und der Freude am Verstörenden im scheinbar Alltäglichen.

In den Heckmann-Höfen in Berlin-Mitte zelebriert Professor Ulrich Seibert sein Faible für Pop-Comic-Surrealismus mit dem ihm eigenen Augenzwinkern und der Freude am Verstörenden im scheinbar Alltäglichen.

Text: Sintje Wilms, Foto: Magnus Pettersson

Lowbrow hat es in sich, im wörtlichen Sinne. Auf den ersten Blick triviale, bunte, oft ins Kitschige gleitende Motive, doch dann entdeckt das Auge etwas Widersprüchliches, womöglich Abstoßendes, und die Aufmerksamkeit zoomt auf die Details. Das ist der Moment, in dem Betrachter zu Diskutierenden werden, denn „Kunst ist Kommunikation“, sagt Professor Dr. Ulrich Seibert. Und so steht es auch auf der Website der Seibert Collection, einem Ort, wie es ihn wohl kein zweites Mal in Europa gibt. Denn Lowbrow Art – oder „Pop-Comic-Surrealismus“, wie Seibert die Kunstrichtung nennt – hat ihren Ursprung an der US-amerikanischen Westküste und erfährt diesseits des Atlantiks bislang keine besondere Beachtung. Auf die Idee zu sammeln, „was angesagt ist“, sei er noch nie gekommen. Und es störe ihn nicht, wenn Galeristen und Kuratoren ihm immer wieder „Beratungsresistenz“ bescheinigten, im Gegenteil. Es bestätigt Seibert in seiner Haltung: „Die Sammlung ist ein Spiegel des Sammlers. Die Kunst, die man sammelt, und zwar nach seinem persönlichen Geschmack, ist eine klare Aussage über einen selbst.“

Ulrich Seibert kommt in Karlsruhe zur Welt, als Sohn einer Malerin: „Ich bin mit dem Terpentingeruch ihres Ateliers und all den Vernissagen und Künstlerfreunden aufgewachsen. Da war es naheliegend, entweder selbst Künstler zu werden oder lieber andere malen zu lassen.“ Der Sammler macht eine Pause, seine Augen blitzen vor Vergnügen. „Ich habe mich für Letzteres entschieden.“ Der studierte Jurist und Experte für Gesellschaftsrecht interessiert sich früh für Lowbrow: „Vermutlich habe ich zu viele Comics gelesen oder bin einfach ein zu fröhlicher, positiver, farbenfroher Mensch. Jedenfalls möchte ich von Positive Vibrations umgeben sein und nicht von Kunst, die eher einer psychiatrischen Sitzung gleicht, die düster, schwarz-weiß ist, konzeptionell.“ Er halte es mit dem deutschen Künstler Otmar Alt, der den Satz geprägt habe: „Kunst, die man erklären muss, ist langweilig.“

Dieser Satz schwebt wie ein Leitgedanke auch über der Seibert Collection. Sie anderen Kunstfreunden zugänglich machen zu können, sei ihm ein Herzenswunsch gewesen, sagt Ulrich Seibert: „Als ich diese schönen Räume in den Heckmann-Höfen im Herzen Berlins gefunden habe, kam mir spontan die Idee: Hier kannst du endlich deine Kunst aus den Privaträumen hervorholen und mehr zeigen. Und mit Freunden teilen. Kunst ist ja letztlich nur ein Vorwand, ein Vorwand zum Socializen.“ Die hoch aufragenden Wände des Altbaus jedenfalls scheinen auf die Werke von Ron English, Terry Rodgers und all den anderen gewartet zu haben – neben den internationalen Vertretern des Pop-Comic-Surrealismus bietet der Sammler auch deutschen Künstlern eine Bühne, darunter dem Berliner Max Renneisen. Der Besucher durchstreift die in Kabinette verwandelten Räume wie eine Traumlandschaft, immer darauf gefasst, dass die Begegnung mit dem Bild oder der Skulptur ganz anders verläuft als erwartet. Das sei gewollt, sagt Ulrich Seibert: „Rein dekorative Kunst ist sicher besser als eine Tapete, aber ich bin der Meinung, Kunst sollte ständig anregen, darüber nachzudenken, welche verborgenen Geschichten enthalten sein könnten.“

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