Durch die Drehtür

Durch die Drehtür


Hotels sind seine Profession, Resorts seine Leidenschaft: Ron Ben Haim ist ein Mann mit viel Gespür für den richtigen Moment. Der Unternehmer und Gründer von Precise Hotels & Resorts folgt allein seinem Instinkt – mit Erfolg.

Hotels sind seine Profession, Resorts seine Leidenschaft: Ron Ben Haim ist ein Mann mit viel Gespür für den richtigen Moment. Der Unternehmer und Gründer von Precise Hotels & Resorts folgt allein seinem Instinkt – mit Erfolg.

Text: Christoph Horn, Foto: Maria Sturm

Stresemannstraße 95, zwischen Anhalter Bahnhof und Gropiusbau. Ron Ben Haim hat als Treffpunkt für unser Interview das neueste Hotel seiner Kollektion vorgeschlagen – das Precise Tale Berlin Potsdamer Platz. Dort, wo jetzt noch Handwerker letzte Arbeiten ausführen, entsteht in diesem Sommer ein neuer „place to be“, wie der Unternehmer es nennt. Nach Bad Reichenhall und Baden-Baden ist Berlin die dritte deutsche Stadt, in der Haim ein Hotel der Submarke Precise Tale eröffnet. Das Konzept hinter diesen Fünfsternehotels geht weit über die klassische Definition von Luxushotellerie hinaus. „Precise-Tale-Hotels haben eine Geschichte zu erzählen“, sagt Haim. So ließ er sich für sein jüngstes Projekt von Wes Anderson inspirieren. Der Regisseur von „Budapest Hotel“ sei sein ästhetisches Vorbild, „auch wenn Wes Anderson wilder ist“. Das Design am neuen Berliner Standort vermittelt Internationalität und einen legeren, unaufgeregten Lifestyle, den man ebenso in Metropolen wie London oder New York finden kann.

Neue Wege geht Haim auch im gastronomischen Bereich, der zweiten tragenden Säule des ausgefeilten Konzepts. Eine „Fusion von Jerusalem und Berlin“ erwarte den Gast, das Beste zweier Welten. Um diese Idee umzusetzen, hat der Unternehmer den israelischen Sternekoch Assaf Granit an Bord geholt. Mit Granit, der in seinem Heimatland durch eine eigene TV-Show bekannt ist und elf Restaurants in London, Paris und Israel betreibt, teile er das gleiche Verständnis von Gourmetküche: „Bei uns wird es lustig zugehen, freundlich und ein wenig verrückt, so wie es Assafs Art ist.“ Die Verbindung Jerusalemer und Berliner Elemente soll für den Gast überall erlebbar sein – in dem vegetarischen „All Day Café“, dem Gourmetrestaurant Berta wie auch in der Berta Bar. Wie stark der Gleichklang zwischen Haim und Granit ist, zeigt die Namensgebung von Restaurant und Bar: Sie ist eine Hommage an Assaf Granits Großmutter Berta, die in Deutschland dem Holocaust entkam und später in Jerusalem ihre Heimat fand.

Um das Hotel zum „place to be“ zu machen, hat Haim Café, Restaurant und Bar als eigenständige Locations innerhalb des Hauses angelegt: „Jeder Bereich soll ein attraktiver Anlaufpunkt sein, nicht nur für Hotelgäste. Die Atmosphäre soll die Menschen anziehen, auch das gehört zum Konzept.“ Und mit Hotelkonzepten kennt Ron Ben Haim sich aus: Bevor er sein eigenes Unternehmen 2005 an den Start brachte, war er für Hyatt International, Sheraton und Dan Hotels, die größte israelische Hotelkette, tätig. „Eines Tages kam ich nach Berlin, um potenzielle Käufer von Hotelobjekten zu beraten“, erinnert sich Haim. „Diese Leute waren aus der klassischen Immobilienbranche und brauchten hotelspezifische Expertise. Da habe ich gedacht: Warum mache ich das eigentlich nicht selbst?“

Haim zieht nach Berlin. Das erste Objekt von Precise Hotels & Resorts ist ein Hotel in Donaueschingen am Rande des Schwarzwalds, das seit 13 Jahren leer steht. Haim kauft die Immobilie, baut sie um, renoviert – und positioniert sie am Markt. Mit Erfolg. Bis heute sei das seine Vorgehensweise, sagt der Unternehmer. Er suche Objekte, die nicht wirtschaftlich arbeiten, aber durchaus das Erfolgspotenzial besitzen. Und, ganz wichtig: „Ein Objekt muss mir gefallen. Das klingt vielleicht romantisch, aber ein gutes Kaufangebot allein ist nicht entscheidend.“ Auf Donaueschingen folgen viele weitere Projekte. Aktuell zählen 18 Hotels und Resorts in Europa zur Kollektion, die meisten davon befinden sich in Deutschland. Das Segment Resorts sei für ihn besonders interessant, sagt Haim: „Gäste übernachten in Stadthotels, weil die Stadt der Grund für die Reise ist und sie eine Unterkunft brauchen. Resortgäste dagegen kommen wegen des Resorts selbst und der Möglichkeiten dort.“ Management und Betrieb eines Resorts seien zwar doppelt so aufwendig und dazu „hochkomplex“. Doch gerade diese Herausforderung sei spannend, sie mache ihm Spaß, denn „ein Stadthotel zu betreiben, ganz gleich welcher Kategorie, ist simpel“.

Seit 2005 lebt Ron Ben Haim in Berlin. Wenn er seine Projekte vor Ort voranbringt, findet man ihn zeitweise aber auch zum Beispiel beim Precise-Resort El Rompido an der spanischen Costa de la Luz. Berlin passe perfekt zu seinem Naturell, sagt der Unternehmer, weil er hier beides haben könne: den schnellen Takt der Metropole ebenso wie die entspannte Seite, die die Hauptstadt besitze. Berlin verbindet er mit Internationalität, Understatement und Liberalität. „Wenn ich durch mein Viertel gehe, sehe ich einen guten Mix. Alles geht.“

Bei der Frage, ob er weitere Objekte in Planung habe, muss Ron Ben Haim schmunzeln. „Es gibt diesen Satz: ‚Wir machen Pläne, und Gott lacht.‘ Er ist mein Lebensmotto. Ich mache selten Pläne, ich lasse Dinge auf mich zukommen. Wie im Film ‚Revolving Doors‘: Du gehst durch eine Drehtür, und dort erwartet dich etwas. Du weißt nicht, was, aber du weißt, dass es dich weiterbringen wird. Auf irgendeine Weise.“ Am ehesten, sagt Haim, sei seine Lebenseinstellung mit dem hebräischen Wort „lak“ zu umschreiben: „Zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein und dies zu nutzen wissen.“ Damit meint er nicht nur die Immobilien, sondern auch sein Unternehmen selbst. „Ich bin ein sehr aktiver Mensch, am liebsten rund um die Uhr. Und dann kam Corona, alles war wie eingefroren.“ Er habe diese Zeit als große Chance begriffen, sagt Ron Ben Haim: „Ich konnte mich ganz darauf konzentrieren, neue Strukturen aufzubauen, Weichen zu stellen. Wann hätte ich sonst Zeit dafür gehabt? Unser Headquarter in Berlin hat heute mehr als 70 Mitarbeiterinnen, vor der Pandemie waren wir acht.“

Die Neustrukturierung ist für ihn die Voraussetzung, um weiter und in größeren Schritten zu expandieren. Ziel sei es, seine Hotelkollektion an den Kapitalmarkt zu bringen. „Wobei das ja schon wieder Pläne sind“, sagt Ron Ben Haim, „und ich will nicht, dass Gott über mich lacht. Aber wenn der Plan gelänge, würde ich mich freuen.“

Diesen Beitrag lesen Sie auch in unserem Magazin diskurs Nr. 37. Bestellen Sie ein kostenloses Exemplar bei Roland Lis, Berater Privatkunden, Weberbank Actiengesellschaft, Tel.: (030) 897 98 – 403, E-Mail: roland.lis@weberbank.de 

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