Elektrisierender Fahrspaß – mit Pedalen

Elektrisierender Fahrspaß – mit Pedalen


Aus Deutschland soll bis 2030 ein Land der Fahrradpendler werden. Bei dieser Mobilitätswende könnten E-Bikes eine wichtige Rolle spielen. Anlass genug für eine Stippvisite bei drei besonders innovativen Manufakturen in Amsterdam, Berlin und Magdeburg.

Aus Deutschland soll bis 2030 ein Land der Fahrradpendler werden. Bei dieser Mobilitätswende könnten E-Bikes eine wichtige Rolle spielen. Anlass genug für eine Stippvisite bei drei besonders innovativen Manufakturen in Amsterdam, Berlin und Magdeburg.

Autor: Patrick Lindner, Foto: Urwahn Engineering GmbH

Im April drehte Verkehrsminister Andreas Scheuer gemeinsam mit Hamburgs Verkehrssenator Anjes Tjarks eine Runde durch die Hansestadt – und zwar mit dem Fahrrad. Anlass war der siebte Nationale Radverkehrskongress, zu dem Scheuer den brandneuen Radverkehrsplan 2030 mitbrachte. Die darin beschriebenen Ziele lassen sich bündig zusammenfassen: Wir sollen öfter und länger in die Pedale treten. Von 180 statt 120 Wegen jährlich ist die Rede, ebenso von sechs statt durchschnittlich 3,7 Kilometern pro Fahrt. Und zwar bereits auf dem Weg zur Arbeit. Aber wie bewegt man die Deutschen dauerhaft zum Umsatteln? Neben Investitionen in eine zweiradgerechtere Infrastruktur könnten E-Bikes den Wandel vorantreiben. „Der Absatz von E-Bikes oder, genauer gesagt, Pedelecs steigt von Jahr zu Jahr zweistellig. Jedes dritte verkaufte Rad hat heutzutage schon einen E-Motor“, berichtet Stephanie Krone, Verkehrsexpertin des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs ADFC. „1,95 Millionen E-Räder wurden allein 2020 verkauft, das sind fünfmal so viele wie neu zugelassene E-Autos. Wenn Deutschland tatsächlich eine Fahrrad-Pendlerrepublik werden soll, klappt das allerdings nur mit flächendeckend ausgebauten Radwegenetzen und flankierenden Maßnahmen wie Fahrradparkhäusern und mehr Tempo-30-Zonen.“

Unsere niederländischen Nachbarn sind uns da um mehrere Speichenlängen voraus. So pendeln bereits 40 Prozent der Einwohner Amsterdams mit dem Fahrrad. In diesem Zweiradmekka sitzt das Familienunternehmen VanMoof. Seit elf Jahren produziert das Team rund um die Geschäftsführer Taco und Ties Carlier E-Bikes, die die Herzen von Design- und Technikfans gleichermaßen höherschlagen lassen. Die gelungene Symbiose aus Form und Funktion veranlasste die Süddeutsche Zeitung gar zur Lobpreisung „das iPhone unter den Fahrrädern“. Der Ansporn der beiden Gründer könnte dabei kaum pragmatischer sein: „Mein Bruder Ties und ich haben VanMoof mit der Vision vom perfekten Stadtfahrrad gegründet. Wir sind in der Nähe von Amsterdam aufgewachsen, haben uns immer mit dem Fahrrad fortbewegt“, sagt Taco Carlier. „Und ständig wurden uns Räder und Einzelteile geklaut. Wegen des vielen Regens ging auch oft das Licht kaputt. Deshalb haben wir uns zum Ziel gesetzt, ein Rad zu entwickeln, das ‚unstehlbar‘ ist und alle Komponenten im Rahmen integriert.“ Insbesondere die abnehmbaren Batterien klassischer E-Bikes gelten unter Dieben als lohnende Beute. Die Akkus und Vorderradmotoren bei VanMoof sind daher im Rahmen verankert. Neben erhöhter Sicherheit profitieren Besitzer von einer besseren Gewichtsverteilung am Rad, geringerem Wartungsaufwand und nicht zuletzt von einem Erscheinungsbild wie aus einem Guss. Falls das geliebte E-Bike in Gänze gestohlen wird, greift die hauseigene „Peace of Mind“-Garantie. Eine Meldung über die VanMoof-App genügt, um spezielle Bike Hunters auf die Fahndung zu schicken. Ihnen hilft eine integrierte Ortungstechnologie am Rad. Wenn das E-Bike binnen 14 Tagen nicht auftaucht, erhält der Besitzer ein E-Bike in vergleichbarem Zustand als Ersatz. Zudem führen die VanMoof-Bike- Doctors über einen Zeitraum von drei Jahren proaktive Checks durch und bieten Wartung in mehr als 50 Städten an. Die Kosten für Teile und Arbeit sind im Servicepaket enthalten.

So viel Innovation und Kundenservice machen den Gedanken an ein Pendlerleben auf zwei Rädern durchaus erträglich. Taco Carlier sieht die Deutschen auf einem guten Weg: „In meinen Augen hat die Verkehrswende in der deutschen Bevölkerung schon begonnen. Die rasant wachsende Zahl an E-Bikes und Fahrrädern in Deutschland ist ein Langzeittrend. Um eine Fahrradbewegung wie in Amsterdam oder Kopenhagen zu kreieren, müssen aber auch die Städte umdenken.“ Unterdessen treibt der Mobilitätswandel hierzulande schönste Blüten, denn jeder möchte ein Stück vom großen Kuchen. So finden Hersteller der automobilen Luxusklasse auf einmal Gefallen am elektrifizierten Zweirad: BMW, Mercedes und Porsche vertrauen auf das Know-how von Technologiepartnern und argumentieren mit der gewohnten Lifestyle-Kompetenz. Dass dabei noch viel Platz für neue Marktteilnehmer frei ist, belegen Gründungen wie Urban Drivestyle. Das Berliner Start-up setzt bei seinen Modellen auf Vielseitigkeit und einen markanten Look: „Berlin ist eine nahezu perfekte Inspirationsquelle für unsere Bikes“, erläutert der Geschäftsführer Andreas Kranki, „ein bisschen frech und breit im Auftritt, dennoch vielseitig und zuverlässig.“ Im Gegensatz zu den Amsterdamer Kollegen orientieren sich die Designs der Treptower Manufaktur an Motorrädern. Jedes Modell ist nach Maß konfigurierbar und lässt sich mit dem entsprechenden Zubehör als Familienkutsche, Transporter oder Sportgerät einsetzen. Natürlich auch fürs Pendeln.

So kann der Laptop beispielsweise in der Rahmentasche verstaut werden, während die Sporttasche für den Feierabend auf dem Gepäckträger Platz findet. Auf der extralangen Sitzbank bliebe sogar genügend Platz, um einen Kollegen oder eine Kollegin mitzunehmen. „Wir sehen, dass viele Berliner gar kein Auto mehr besitzen, wodurch die Busse und Bahnen aktuell überfüllt sind. Mit unseren Bikes wollen wir eine stylishe und bequeme Alternative bieten. Statt angestrengt zu strampeln, kann man sich mit Motorunterstützung nahezu durch die Straßen gleiten lassen und steht nicht im Stau.“ Das würde mit besserer Infrastruktur natürlich noch besser klappen. „Die Öffnung von Pop-up-Radwegen begrüßen wir sehr. Tatsächlich würden wir uns wünschen, dass einige von ihnen dauerhaft bleiben.“ Etwa 150 Kilometer westlich von Berlin schrauben Ramon Thomas und Sebastian Meinecke am E-Bike der Zukunft. Als erstem Fahrradhersteller gelang es den Magdeburgern, einen Fahrradrahmen aus dem 3- D-Drucker in die Serienproduktion zu bringen. Das organisch geschwungene Antlitz des Modells „Platzhirsch by Urwahn“ begeistert nicht nur Ästheten, sondern ist zudem gespickt mit technischen Raffinessen. Hierzu gehören allen voran das integrierte LED-Lichtsystem sowie ein GPS-Sensor, der jederzeit eine Ortung des E-Bikes ermöglicht. Der Hinterrad-Nabenmotor des Platzhirschs wird über einen dezent integrierten Akku am Unterrohr mit Energie versorgt und ermöglicht pro Ladung eine Reichweite von 80 Kilometern.

Entgegen dem Branchenstandard produziert Urwahn seine Stahlrahmen vollständig in Deutschland – von der Rohrherstellung über den Rahmenbau und die Beschichtung bis zur Endmontage im Magdeburger Studio. „Mit jedem ausgewilderten Platzhirsch wollen wir das Umweltbewusstsein unserer Kunden schärfen und Transparenz und faire Bedingungen für alle Beteiligten erreichen“, sagt Ramon Thomas. Im vergangenen Jahr hat sein Unternehmen mehr elektrische als rein muskelbetriebene Fahrräder verkauft. „Im Vordergrund stehen bei vielen die Ablösung des Autos als Hauptverkehrsmittel, vor allem für die täglichen Fahrten zur Arbeit, sowie die Möglichkeit, mit einem E-Antrieb längere Entfernungen, weniger verschwitzte Hemden oder ein spannenderes Fahren zu realisieren.“ Elektrisierender Fahrspaß eben.

Diesen Beitrag lesen Sie auch in unserem Magazin diskurs Nr. 34. Bestellen Sie ein kostenloses Exemplar bei Roland Lis, Berater Privatkunden, Weberbank Actiengesellschaft, Tel.: (030) 897 98 – 403, E-Mail: roland.lis@weberbank.de 

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