Expertenmeinung: Die Testamentsvollstreckung und ihre Fallstricke

Expertenmeinung: Die Testamentsvollstreckung und ihre Fallstricke


Der Berliner Rechtsanwalt und Notar Ulrich Schellenberg ist zertifizierter Testamentsvollstrecker. Sein Beitrag beleuchtet die verschiedenen Aspekte der Testamentsvollstreckung und geht der Frage nach, wie Nachlassgeber frühzeitig sicherstellen können, dass auch hoch komplexe Nachlässe in ihrem Sinne übertragen werden.

Der Berliner Rechtsanwalt und Notar Ulrich Schellenberg ist zertifizierter Testamentsvollstrecker. Sein Beitrag beleuchtet die verschiedenen Aspekte der Testamentsvollstreckung und geht der Frage nach, wie Nachlassgeber frühzeitig sicherstellen können, dass auch hoch komplexe Nachlässe in ihrem Sinne übertragen werden.

Gastbeitrag: Ulrich Schellenberg, Foto: Christian Perner / Unsplash, Erscheinungsdatum: 23. September 2020

Ein Mensch ist verstorben, der Schmerz sitzt tief. In dieser emotionalen Situation sagen Verwandte oder Freunde der Familie oft zu schnell „ja“, wenn ihnen nach dem Testament die Aufgabe der Testamentsvollstreckung angetragen wird – das weiß ich aus täglicher Praxis. Der Grund liegt meiner Erfahrung nach darin, dass sich viele Menschen nicht über die Aufgabe selbst, ihre mögliche Dauer und die rechtliche Haftung für ihr Tun im Klaren sind. Selbstverständlich gibt es Testamentsvollstreckungen, die im besten Sinne einfach abzuarbeiten sind. Das trifft für Fälle zu, wo der Nachlassgeber Bargeld vererbt hat, das es lediglich an die Erben zu überweisen gilt. Doch mit steigender Komplexität des Nachlasses steigen die Anforderungen an den Testamentsvollstrecker. Sollen Immobilien übertragen werden, erfordert das eine Zusammenarbeit mit Notaren und Rechtsanwälten. Befindet sich die Immobilie – zum Beispiel ein Ferienhaus – im Ausland, kommen hier zusätzliche Anforderungen auf den betrauten Testamentsvollstrecker zu. Was auch nur die wenigsten wissen: Er muss die betreffende Immobilie bis zur Übertragung an den Erben verwalten, sich um das Mietenkonto und um Reparaturen kümmern. Hat der Nachlassgeber vielleicht Oldtimer, Schmuck oder eine Kunstsammlung, die verkauft werden soll, ist auch hier der Testamentsvollstrecker in der Pflicht. Er muss die Verkäufe betreiben und ganz nebenbei auch noch den bestmöglichen Preis erwirken. Noch komplexer wird es, wenn Unternehmensteile oder ganze Unternehmen vererbt werden. Dann ist es die Aufgabe des Testamentsvollstreckers, die Geschäfte des Nachlasses bis zur Übergabe zu führen und unternehmerische Entscheidungen treffen. Und über einen weiteren Punkt muss sich jeder, der ein Testament vollstreckt, im Klaren sein: Er steht in der Haftung.

Vor diesem Hintergrund macht es also Sinn, dass sich Nachlassgeber frühzeitig damit auseinandersetzen, wem sie diese verantwortungsvolle Aufgabe zutrauen. Soll es die Tochter oder der Sohn sein, die bereits im Unternehmen mitarbeiten? Der Anwalt des Hauses? Der beste Freund aus Jugendtagen? Der Nachlassgeber sollte in jedem Fall mit dieser besonderen Vertrauensperson sprechen und in Erfahrung bringen, ob diese die Aufgabe überhaupt übernehmen möchte. Lehnt sie ab, bleibt immer noch die Möglichkeit, andere Vertraute zu fragen oder eine professionelle Lösung durch den Einsatz eines spezialisierten Anwaltes oder zu prüfen.

Auch ein wichtiger Punkt: die angemessene Entlohnung des Testamentsvollstreckers. Wie bereits erläutert kann er durch seine Aufgabe in eine – zeitlich nicht absehbare – Situation kommen, in der seine eigene berufliche Tätigkeit oder sein Familienleben durch die Arbeitsbeanspruchung in Mitleidenschaft gezogen wird. Auch daran sollten Nachlassgeber denken, wenn sie mit potenziellen Testamentsvollstreckern aus dem Familien- und Freundeskreis sprechen. Erfolgt keinerlei Vergütung und ist die Aufgabe komplex, ist meiner Erfahrung nach oft Frust die Folge; im schlimmsten Fall legt der Testamentsvollstrecker sein Amt nieder. Dann kann es chaotisch werden: Wenn sich kein Nachfolger findet, kann das Nachlassgericht einen Testamentsvollstrecker bestimmen. Das alles kann nicht im Sinne des Nachlassgebers sein.

Deshalb: reden, reden, reden – und professionelle Begleitung suchen.


Rechtsanwalt und Notar Ulrich Schellenberg
Foto: Andreas Burkhardt

Für Ihre Fragen zum Thema Testamentsvollstreckung steht Ihnen Mirko Nagel, Leiter Family Office, Weberbank Actiengesellschaft, telefonisch und per E-Mail zur Verfügung: Tel.: (030) 897 98 – 241, E-Mail: mirko.nagel@weberbank.de

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