Finanzmarkt aktuell

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Der Kommentar von Bastian Ernst, Portfoliomanager Weberbank, zu den Entwicklungen an den Finanzmärkten vom 22. Oktober 2021.

Der Kommentar von Bastian Ernst, Portfoliomanager Weberbank, zu den Entwicklungen an den Finanzmärkten vom 22. Oktober 2021.

Autor: Bastian Ernst, Portfoliomanager Weberbank
Beitragsfoto: akitada31 / Pixabay

Güterknappheit, steigende Preise und gestörte Lieferketten bestimmen derzeit die Gemengelage in der Wirtschaft. Lesen Sie in der neuen Ausgabe von „Finanzmarkt aktuell“, wie wir die Auswirkungen auf Geldpolitik und Unternehmen einschätzen.

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Wann wird die Industrieproduktion mit Auftragseingängen Schritt halten?

Angesichts hoher Nachfrage sollte die Industrie eigentlich auf Hochtouren laufen. Zwar sind die Auftragsbücher prall gefüllt, doch die Unternehmen werden aufgrund von Materialknappheit ausgebremst und können Aufträge derzeit nicht in Produktion ummünzen. So sorgen Pandemieausbrüche, insbesondere in Asien, immer wieder für einen Stillstand in der lokalen Produktion von Vorprodukten. Hinzu kommen Hindernisse in der Logistik sowie Extremwetterereignisse. Besonders dramatisch ist weiterhin der Mangel an Halbleiter-Chips, wie sie unter anderem in der Automobilindustrie oder der Unterhaltungselektronik benötigt werden. Pandemiebedingt ist die Nachfrage nach Chips sprunghaft angestiegen, so dass trotz Vollauslastung der Produktionskapazitäten die Nachfrage nicht ausreichend bedient werden kann. Ein Ausbau der Kapazitäten in bestehenden Fabriken benötigt jedoch rund 18 Monate, zusätzliche Produktionsstätten gar mehrere Jahre. Kurzfristig kann das Angebot an Chips somit nicht gesteigert werden. Aufgrund ihrer Exportabhängigkeit ist die deutsche Wirtschaft besonders stark betroffen. Während beispielsweise Automobilzulieferer unter den niedrigen Absatzzahlen für Pkw leiden, können die Hersteller dies jedoch durch Priorisierung von margenstarken Modellen und Preiserhöhungen gut kompensieren. Wir erwarten, dass sich die Lieferengpässe im kommenden Jahr sukzessive auflösen sollten und somit auch die stockende Industrieproduktion nachgeholt werden kann.

Erste Zinserhöhung in Sicht?

Eine Folge der Materialknappheit sind merklich gestiegene Preise. Dies wirft automatisch auch die Frage nach der Geldpolitik der Notenbanken auf, welche Preisstabilität sicherstellen sollen. So wird am Geldmarkt mittlerweile mehrheitlich eine erste Zinserhöhung der EZB bereits im kommenden Jahr eingepreist. Wir erwarten jedoch nicht, dass die EZB bereits 2022 an der Zinsschraube drehen wird. So haben die Notenbanker klar kommuniziert, dass sie vor 2024 keine Anhebung der Zinsen planen. Am Dienstag betonten eine Reihe von Vertretern der EZB erneut, dass die Markterwartungen nicht im Einklang mit dem Ausblick der Notenbank stehen. Sollte die EZB ihren Inflationsausblick anheben, könnte sie allerdings auch den Termin einer ersten Zinserhöhung nach vorne ziehen. Wir gehen jedoch davon aus, dass zuerst eine Rückführung der Anleihekäufe stattfinden wird, bevor eine Erhöhung der kurzfristigen Zinsen ansteht. Aufgrund der Pandemie hatte die EZB ihre Anleihekäufe erhöht. Nun könnte sie diese etwas zurückfahren, wir erwarten jedoch keine zeitnahe Beendigung. Ziel der EZB ist es, weiterhin mit möglichst hoher Flexibilität am Markt eingreifen zu können. Da gleichzeitig die US-Notenbank Fed ihre Anleihekäufe zurückfahren wird, ist jedoch nicht auszuschließen, dass langfristige Zinsen vorerst weiter steigen und der Renditeunterschied zwischen kurzen und längeren Laufzeiten größer wird. Dies erhöht aus unserer Sicht die Attraktivität für Laufzeitenprämien festverzinslicher Papiere.

Lieferengpässe – der Lackmustest für Unternehmen?

Vergangene Woche gaben die US-Banken traditionell den Startschuss in die Quartalsberichtssaison. Angesichts der guten wirtschaftlichen Entwicklung konnten insbesondere im Investmentbanking-Geschäft erneut Rekordergebnisse vermeldet werden. Die zentrale Frage dürfte in diesem Quartal sein, inwiefern Energieknappheit und Lieferengpässe die Unternehmensgewinne beeinflussen. Energie- und Grundstoffunternehmen profitieren von höheren Rohstoffpreisen, wohingegen beispielsweise Transportunternehmen rückläufige Margen in Folge der steigenden Kosten aufweisen dürften. Unter dem Strich erwarten wir jedoch, dass die breite Masse der Unternehmen in der Lage sein wird, die steigenden Kosten in Form von Preiserhöhungen weiterzugeben und über Effizienzsteigerungen zu kompensieren. Das sollte ausreichen, um robuste Margen zu verzeichnen. Die kommenden Wochen dürften die Stärke der Wirtschaft und der Unternehmen zeigen. Die ersten vorgelegten Quartalszahlen bestätigen unsere optimistische Einschätzung für die Unternehmensergebnisse.


Bastian Ernst, Portfoliomanager Weberbank Actiengesellschaft

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