Verena Hubertz: Küchengeschichten für die Zukunft

Verena Hubertz: Küchengeschichten für die Zukunft


Mit Kitchen Stories landete Gründerin Verena Hubertz auf Anhieb einen Hit in Apples App Store. Nun möchte sie das Kochen der Zukunft mitgestalten.

Mit Kitchen Stories landete Gründerin Verena Hubertz auf Anhieb einen Hit in Apples App Store. Nun möchte sie das Kochen der Zukunft mitgestalten.

Text: Sandra Piske, Foto: Pablo Castagnola

Die Plattenbauten an der Storkower Strasse haben schon so manchen Wandel erlebt. Ein besonders spannender Clash von DDR-Architektur und neuer digitaler Welt ist in der Hausnummer 115 anzutreffen, wo vor einigen Monaten das Berliner Start-up Kitchen Stories eingezogen ist. Ja, es sei wohl tatsächlich das erste Gründerbüro, das in der etwas schmucklosen, Hipstercafé-freien Randgegend von Prenzlauer Berg untergekommen ist. „Wir hoffen aber, dass noch das eine oder andere Start-up nachzieht“, meint Gründerin Verena Hubertz. Schaden würde die Nähe zu Kitchen Stories ganz sicher nicht. Immerhin ist das Unternehmen ein schillerndes Vorzeigeobjekt der deutschen Start-up-Szene.

Von der Uni in die Selbstständigkeit

Mit 1400 Quadratmetern ist das neue Büro für die 45 Festangestellten und zehn Freelancer und Werkstudenten gut dreimal so groß wie die vorherigen Räumlichkeiten in Kreuzberg. An der Timeline neben dem für einen dynamischen Arbeitsplatz obligatorischen Tischkicker ist der raketenhafte Aufstieg der jungen Firma mit Daten und Fotos dokumentiert. Der erste Eindruck: Hubertz und Co-Gründerin Mengting Gao haben in den vergangenen Jahren keine Zeit verschwendet. Nur ganz am Anfang erlaubten sich die beiden BWL-Studentinnen der privaten Wirtschaftshochschule WHU in Vallendar bei Koblenz einen kleinen Schlenker. Von ihrer Berliner WG aus spielten sie zunächst die Eröffnung einer Filiale der US-amerikanischen Tex-Mex-Kette Chipotle in Deutschland durch, verwarfen das Vorhaben aber aufgrund mehrerer Stolpersteine und der limitierten Skalierbarkeit. Dass sie jedoch direkt nach dem Masterstudium, das ihren Unternehmergeist geweckt hatte, zusammen gründen und nicht erst Erfahrungen als Angestellte sammeln wollten, war gesetzt.

Aus Hobby wird Business

Während Gao schon im Studium mithilfe flotter US-Formate auf YouTube gern kochte, teilte Hubertz zwar die Liebe zu gutem Essen – brauchte allerdings tiefergehende Hilfe. So entstand die Idee, eine modern designte App für Alltagsgerichte zu entwickeln, die den Kochprozess Schritt für Schritt darstellt und den User mit Videos, Einkaufslisten und der Vernetzung mit anderen zum Erfahrungsaustausch unterstützt. Das Motto: Anyone can cook! Der Businessplan war schnell gemacht, fehlte nur noch die Finanzierung. „Als 24-jährige Gründerinnen hatten wir in den Gesprächen immer drei Fragen zu beantworten: Warum noch eine Koch-App? Habt ihr schon mal ein Video, ein Rezept oder eine App entwickelt? Und warum könnt ihr das besser als Axel Springer, Gruner + Jahr oder Dr. Oetker?“ Rückblickend sind es für Hubertz genau diese Momente, die für den Erfolg entscheidend waren. Denn obwohl das Duo es in dieser Phase nicht schaffte, auch nur einen Business Angel von seiner Idee zu überzeugen, blieb es hartnäckig. Was folgte, war Plan B: die Finanzierung mithilfe der sogenannten FFF – Family, Friends and Fools.

Apple wird aufmerksam

Einen Autoverkauf und mehrere Finanzspritzen von Familie, Freunden und mutigen Wohlwollenden später waren 25.000 Euro für die Gründung der AJNS New Media GmbH zusammengekommen. Das war zwar deutlich weniger als die ursprünglich anvisierten 200 000 bis 300 000 Euro, reichte aber für erste Videodrehs, Rezepte und einen studentischen Programmierer. Zumal das Konzept von Anfang an auf Monetarisierung durch Produktplatzierungen und Partnerschaften setzte. Marken wie KitchenAid, Le Creuset und Landliebe steuerten vor dem Launch nicht nur Produkte, sondern auch 20 000 Euro bei.

Gao war fortan für Produkt, Design und Marketing zuständig, Hubertz für Sales, Finanzen, Human Resources und Rechtsfragen. Nach fünf Monaten Entwicklungszeit stellten die beiden Gründerinnen Anfang 2014 die erste videobasierte, nutzerfreundliche und designorientierte Koch-App in Apples App Store ein und prosteten anschließend – ganz Digital Start-up – per Skype dem Programmie-rer zu. Womit niemand gerechnet hatte: Kurze Zeit später erreichte die beiden eine Mail aus Cupertino. „Hey guys! We like your app“, hieß es darin. Apple hatte Kitchen Stories entdeckt, für interessant befunden und an prominenter Stelle unter den besten Neuerscheinungen im Store vorgestellt. In der Folge wurde die App über 60 000-mal in den verschiedensten Winkeln der Erde heruntergeladen. Dass die Videos ohne Sprache auskommen und die Rezeptanleitungen auch auf Englisch formuliert sind, machte Kitchen Stories zum Global Player.

Schöne neue Küchenwelt

2017 fanden die beiden Gründerinnen einen kongenialen Partner. Nach wenigen Monaten mit Gesprächen übernahm die BSH Hausgeräte GmbH, eine 100-prozentige Tochter der Bosch-Gruppe, 65 Prozent der Anteile von Kitchen Stories. Laut Gründerszene.de soll das Unternehmen dabei mit 20 bis 25 Millionen Euro bewertet worden sein. Zahlen wie diese kommentiert Hubertz nicht. Ob es sie damals geschmerzt hat, so viele Anteile zu verlieren? „Die Mehrheit abzugeben war für uns gar nicht so relevant, da wir vor dem BSH-Investment bereits nicht mehr die Mehrheit innehatten. Wichtig ist für uns, dass wir komplett autark agieren können und uns in erster Linie hinsichtlich gemeinsamer strategischer Entscheidungen mit der BSH abstimmen“, meint Hubertz, die genau wie ihre Co-Gründerin im Unternehmen bleiben will.

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