Nachhaltig erfolgreich

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Strom, Lebensmittel, Geldanlage: Immer mehr Menschen entscheiden sich für alternative Angebote statt für konventionelle. Ökostrom, Biomärkte und grüne Investments boomen. Nachhaltige Geldanlagen bieten dabei nicht nur das gute Gefühl, mit seinem Geld etwas Sinnvolles zu tun, sondern auch die Chance auf gute Renditen – die oft besser sind als bei klassischen Anlagen.

Strom, Lebensmittel, Geldanlage: Immer mehr Menschen entscheiden sich für alternative Angebote statt für konventionelle. Ökostrom, Biomärkte und grüne Investments boomen. Nachhaltige Geldanlagen bieten dabei nicht nur das gute Gefühl, mit seinem Geld etwas Sinnvolles zu tun, sondern auch die Chance auf gute Renditen – die oft besser sind als bei klassischen Anlagen.

Text: Christian von Jakusch-Gostomski, Foto: wk1003mike/Shutterstock, Erscheinungsdatum: 29. Oktober 2020

Wer sein Geld nachhaltig anlegt, kann dazu beitragen, die Welt zu einem besseren Ort zu machen, indem er in Unternehmen oder Staaten investiert, die sich verantwortungsvoll verhalten. Dabei haben Anleger die Qual der Wahl. Sie können sich bei ihren Investments zum Beispiel gezielt für etwas entscheiden, etwa erneuerbare Energien oder nachhaltige Mobilität (positives Screening). Oder sie votieren gegen bestimmte Anlagen, zum Beispiel Investments in die Rüstungs- oder Tabakindustrie (negatives Screening). In Deutschland ist das negative Screening weitverbreitet. Laut dem „Marktbericht nachhaltige Geldanlagen 2020“ des Forums Nachhaltige Geldanlagen (FNG) – eines Fachverbands mit mehr als 200 Mitgliedern, zu denen unter anderem Banken, Versicherungen und Nichtregierungsorganisationen zählen – nutzen 99 Prozent aller Fonds und Mandate in Deutschland ethische Ausschlusskriterien.Die häufigsten lauten: Korruption und Bestechung, Arbeitsrechtsverletzungen, Umweltzerstörung. Bei einem fast genauso großen Teil des Anlagevolumens (95 Prozent) wird auf normbasiertes Screening gesetzt. Hier prüfen die Investoren, ob Staaten oder Unternehmen gegen internationale Standards, etwa Global Compact der Vereinten Nationen oder die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen, verstoßen.

1760 – die ersten grünen Investments

Man könnte glauben, nachhaltige Geldanlagen wären eine Erfindung unserer umwelt- und klimabewussten Zeit. Dabei sind sie wesentlich älter: Schon 1760 veröffentlichte John Wesley, Begründer der methodistischen Bewegung, seine Predigt „Vom Gebrauch des Geldes“, in der er darlegt, es sei legitim, Gewinne zu machen, solange man auf sein Gewissen höre. Wesley legte in dieser Predigt die erste Liste mit Ausschlusskriterien für Geldanlagen vor. So sollte man nicht in Unternehmen investieren, wenn sie (in die Sprache unserer Zeit übersetzt) mit Rüstung, Waffenhandel, Pornografie und Korruption in Verbindung stehen. Nur acht Jahre nach Wesleys Text beschlossen die Quäker in Philadelphia, ihre Investitionen in den Sklavenhandel nicht fortzuführen. Auch in den Folgejahren blieben Kirchen Vorreiter in puncto verantwortungsvolle Geldanlage. Ende des 19. Jahrhunderts investierten beispielsweise die methodistischen Gemeinden ihr Geld auf dem Aktienmarkt nach ethischen Kriterien. Und den vermutlich ältesten europäischen Nachhaltigkeitsfonds legte 1932 der Church of Scotland Trust auf.

ESG – drei Buchstaben für Nachhaltigkeit

Aber was genau versteht man unter einer nachhaltigen Geldanlage oder einem grünen Investment? Wer nachhaltig anlegt, setzt nicht nur auf das sogenannte magische Dreieck der Vermögensanlage. Die klassischen Anlageziele Rentabilität, Sicherheit und Verfügbarkeit werden um einen vierten Punkt ergänzt: Nachhaltigkeit. In die Anlageentscheidung fließen also auch ökologische, ethische oder soziale Aspekte ein. Bei nachhaltigen Geldanlagen spricht man von den sogenannten ESG-Kriterien. Die Abkürzung steht für Environmental, Social und Governance – es geht also um Umwelt, Soziales und eine verantwortungsvolle Unternehmensführung. Wie so oft steckt der Teufel aber auch bei diesem Thema im Detail. Denn es gibt bei der Geldanlage keine einheitliche Definition für Begriffe wie nachhaltig, ethisch oder fair. Nachhaltigkeitssiegel und -rankings können hier Orientierung bieten. Das bekannteste Siegel stammt vom Forum Nachhaltige Geldanlagen – wird aber nur für Investmentfonds vergeben. Wer andere Anlagen bevorzugt, benötigt also andere Entscheidungshilfen – beispielsweise die ESG-Ratings von Unternehmen wie dem Finanzdienstleister MSCI, der Ratingagentur S&P oder dem Indexanbieter FTSE.

Nachhaltige Geldanlagen boomen

Die Bedeutung nachhaltiger Geldanlagen ist seit den Pionierzeiten von John Wesley & Co. deutlich gestiegen: Laut FNG betrug das gesamte Anlagevolumen 2019 allein in Deutschland mehr als 269 Milliarden Euro. Im Vergleich zum gesamten Geldvermögen der Deutschen in Höhe von 6,3 Billionen Euro nimmt sich die Summe fast bescheiden aus, das Anlagevolumen wächst aber rasant: Von 2018 zu 2019 ist es um stolze 23 Prozent gestiegen, das Anlagevolumen in Investmentfonds wuchs sogar um 41 Prozent. 2005 waren erst 1,7 Milliarden Euro in nachhaltigen Investmentfonds angelegt – 2019 war der Betrag um mehr als das 36-Fache auf 63,2 Milliarden Euro gestiegen. Ein Ende dieses Trends ist derzeit nicht abzusehen. Mit 89 Prozent stammt der Großteil des Anlagevolumens von institutionellen Anlegern, die restlichen elf Prozent steuern private bei. Gerade bei ihnen ist das Wachstum aber besonders groß: Laut FNG hat sich das Anlagevolumen der privaten Anleger 2019 im Vergleich zum Vorjahr fast verdoppelt. Bei den Anlageklassen dominieren Unternehmensanleihen (37 Prozent des Anlagevolumens) und Aktien (31 Prozent) mit deutlichem Abstand vor Staatsanleihen (15 Prozent) und supranationalen Anleihen (5,7 Prozent).

Gute Renditen statt Ökoimage

Die Zahlen zeigen, dass nachhaltige Geldanlagen längst ihr früheres öko- und „Möchtegern- Weltverbesserer“-Image abgelegt haben. Diese Entwicklung liegt sicher auch an der gestiegenen Bedeutung des Umwelt- und Klimaschutzes. 2019 war dieser laut einer Studie des Bundesumweltministeriums das Topthema in Deutschland: 68 Prozent der Befragten schätzten dieses Ziel als sehr wichtige Herausforderung ein – noch vor den Themen Bildungswesen und soziale Gerechtigkeit. Mit nachhaltigen Geldanlagen können Anleger sich nicht nur für den Umwelt- und Klimaschutz engagieren – die grünen Investments zahlen sich auch aus. Experten von Scope Analysis und dem französischen Vermögensverwalter Amundi kamen laut Handelsblatt zum Ergebnis, dass nachhaltige Geldanlagen sogar besser abschnitten als Investments, bei denen keine Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigt worden waren: Im Zehnjahresvergleich lagen die Erträge im Jahr durchschnittlich um 0,5 Prozentpunkte höher, über einen Zeitraum von fünf Jahren war es bereits ein Prozentpunkt, und 2019 übertrafen nachhaltige Anlagen die konventionellen sogar um 3,1 Prozentpunkte.

Corona als Nachhaltigkeitsmotor?

Auch während der Coronapandemie scheinen nachhaltige Geldanlagen besser abzuschneiden. Viele Experten erwarten sogar, dass Corona den Nachhaltigkeitstrend verstärken wird. So verriet beispielsweise der Morningstar-Analyst Ali Masarwah dem Börsen- Zeitung-Magazin Rendite: „Vielleicht verstärkt die Pandemie sogar den Trend, bevorzugt in grüne und nachhaltige Fonds anzulegen.“ Denn nachhaltig und langfristig denkende Unternehmen scheinen besser durch die Krise zu kommen. Diese Vermutung bestätigt auch ein Indexvergleich: So schlägt der Nachhaltigkeitsindex MSCI World SRI den Industrieländerindex MSCI World. Seit Jahresbeginn verzeichnet der SRI ein Plus von 2,4 Prozent, während der MSCI World nur um 0,23 Prozent gestiegen ist. Und auch im Einjahresvergleich liegt der nachhaltige Index mit plus 16,3 Prozent vor dem konventionellen Index mit plus 12,3 Prozent (Stand jeweils: 4. August 2020).

Grüner wird’s nicht? Vermutlich doch

Wachsendes Umweltbewusstsein, steigende Nachfrage, sinnstiftende Dimension des Geldes – die Aussichten für nachhaltige Geldanlagen sind positiv. Das entdecken immer mehr Vermögensverwalter. Die Weberbank ist bereits seit 2008 im Bereich des nachhaltigen Investierens aktiv. Die Nachfrage durch private Anleger wird voraussichtlich weiterhin wachsen. Dazu könnte beitragen, dass die Europäische Union grüne, klimafreundliche Investitionen fördern will, um die Pariser Klimaziele einhalten zu können. So soll ein „Paris Label“ klimafreundliche Anlagen auszeichnen, und Finanzberater sollen verpflichtet werden, Kunden bei der Anlageberatung zu ihren Nachhaltigkeitswünschen zu befragen. Es sieht also so aus, als würde die Welt der Geldanlage in den nächsten Jahren einen neuen Anstrich bekommen. Die Farbe? Natürlich Grün.

Diesen Beitrag lesen Sie auch in unserem Magazin diskurs Nr. 32. Bestellen Sie ein kostenloses Exemplar bei Roland Lis, Berater Privatkunden, Weberbank Actiengesellschaft, Tel.: (030) 897 98 – 403, E-Mail: roland.lis@weberbank.de 

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