Den Gesundheitszustand von Senioren proaktiv beobachten, um schnell und frühzeitig reagieren zu können: Pirmin Kelbels und Janek Juraschs Start-up VISSEIRO hat ein Sitzkissen entwickelt, das Gesundheitsdaten misst, bewertet und Angehörigen und Ärzten per App zur Verfügung stellt. So können Notfälle verhindert werden.

Text: Anke Bracht, Foto: VISSEIRO

Viele Menschen möchten auch im hohen Alter so lange wie möglich selbständig und in den eigenen vier Wänden bleiben. Für Angehörige stellt sich dann oft die Frage, wie sich die tägliche Versorgung gewährleisten lässt. Ist eine ambulante Pflege die Lösung oder ist eine stationäre Auflage erforderlich? Und: geht es ihnen wirklich gut? Pirmin Kelbel und Janek Jurasch haben darauf eine Antwort gefunden: Sie haben ein smartes Sitzkissen entwickelt, das Vitaldaten misst, auswertet und die Ergebnisse per App an Pfleger, Angehörige oder den behandelnden Arzt schickt. Um relevantes Datenmaterial zu erhalten, reicht eine Stunde Sitzen aus, was bei vielen Senioren bei weitem überschritten wird.

Ausgründung der Technischen Universität Berlin

VISSEIRO ist eine Ausgründung der Technischen Universität (TU) Berlin. Hier begannen Pirmin Kelbel und Janek Jurasch, die sich seit ihrer gemeinsamen Studienzeit in Aachen kennen, an der Lösung zu arbeiten. „Es war eine initiale Gründung“, sagt Pirmin Kelbel, „zum einen war es ein marktgetriebenes Interesse, andererseits gab es auch im privaten Umfeld durch Janeks Großmutter Impulse.“ Im Herbst 2018 ging VISSEIRO an den Start; die Prototypenherstellung der smarten Kissen erfolgt derzeit im Charlottenburger Innovationszentrum (CHIC).

Langzeitvorhersagen sind das Ziel

„Wir integrieren hochsensitive mit Gel ummantelte Sensorelemente in die Kissen. Das Gel macht das Sitzen sehr komfortabel und schützt vor Feuchtigkeit“, sagt Pirmin Kelbel. Das Kissen misst Herzfrequenz, Atmung, Inkontinenz und Bewegungen und speichert die Daten in einer Cloud. Der Zugriff erfolgt über eine App, die Auswertung der Daten übernimmt ein Algorithmus. „Unser Ziel ist, über Informationen zum Ist-Zustand hinaus Langzeit-Vorhersagen treffen zu können, deshalb sollte das Kissen über einen längeren Zeitraum hinweg benutzt werden. Es ist wie beim Wetterbericht: Je mehr Daten ich habe, desto genauer ist die Vorhersage.“

Line Extensions sind in der Planung

Anfang 2021 soll die Markteinführung stattfinden; derzeit ist eine klinische Studie für die Akquisition in Arbeit. Verschiedene Kostenmodelle sollen Anreize schaffen, VISSEIRO zu nutzen. Mittelfristig sei auch die Messung des Blutdrucks durch das Kissen geplant, dazu steht eine Line Extension mit smarten Decken und Matratzen im Raum. „Bevor wir da in die Entwicklung gehen, werden wir aber zunächst das Marktfeedback abwarten“, sagt Pirmin Kelbel. Ganz aktuell sucht das Start-up noch Probanden in Berlin, um die Kissen bei ihnen direkt im Lieblingssessel zu verbauen. Das klingt nach einer guten Idee.

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