Rainer Schaller: Das Unternehmer-Gen

Rainer Schaller: Das Unternehmer-Gen


Mit McFit katapultierte sich Rainer Schaller in den Markt der Sportanbieter und begründete so seinen Ruf als Innovationstreiber der Fitnessbranche. Bis heute lautet sein Prinzip: Wenn ihn eine Idee überzeugt, setzt er sie auch um.

Mit McFit katapultierte sich Rainer Schaller in den Markt der Sportanbieter und begründete so seinen Ruf als Innovationstreiber der Fitnessbranche. Bis heute lautet sein Prinzip: Wenn ihn eine Idee überzeugt, setzt er sie auch um.

Text: Christoph Horn, Foto: Steffen Roth

Sein neuestes Projekt heißt The Mirai. Am Standort Oberhausen inszeniert Rainer Schaller seine Vision von Fitness – eine perfekte Verbindung aus Produktpräsentation, Forschung und Entwicklung, Aus- und Weiterbildung, Messen und Kongressen sowie Ernährung – und beitragsfreiem Training. Die Eröffnung ist für 2022 geplant. „Fitness soll für jeden zugänglich sein, unabhängig von Herkunft, Alter oder Einkommen“, sagt Rainer Schaller. „The Mirai lässt diese Vision Realität werden: Durch das direkte Zusammenbringen von Industrie und Menschen wird jedem die Möglichkeit geboten, Fitness ohne Mitgliedsbeiträge zu betreiben. Damit ist The Mirai einzigartig und zukunftsweisend.“ Sport jedermann zugänglich machen: Diese Idee treibt Rainer Schaller seit mehr als 20 Jahren um – und hat ihn zu einem der erfolgreichsten Unternehmer Deutschlands gemacht. Das Unternehmensportfolio seiner RSG Group enthält 14 Marken, darunter die Sportnahrung Qi2 Sports Nutrition und McFit Models, Europas größte Agentur für Sportmodels. Zu seiner ersten Marke McFit haben sich weitere Studiokonzepte gesellt; Schaller will seine mehr als zwei Millionen Kunden „an jedem Ort und zu jeder Zeit“ erreichen. Und er hat noch eine Menge vor, nicht nur in Oberhausen.

Jede Geschichte hat ihren Anfang. Die von Rainer Schaller beginnt in Schlüsselfeld, einem kleinen Ort bei Bamberg. Dort wächst er mit seinem älteren Bruder auf, geerdet, bodenständig. „Meine Eltern hatten nicht viel“, sagt der Unternehmer, „aber der Werterahmen hat bei uns funktioniert. Das hat mich geprägt.“ Er sei ein schlechter Schüler gewesen, erzählt der Gründer von McFit. „Wir hatten einen Deal“, sagt Rainer Schaller. „Ich mache die mittlere Reife. Was dann kommt, entscheide ich.“ Wie entscheidungsstark er ist, soll sich bald zeigen. Zunächst beginnt er eine Lehre als Einzelhandelskaufmann in einem Lebensmittelgeschäft. Dieses Umfeld ist ihm vertraut; seine Mutter betreibt einen Edeka-Markt, genau wie zuvor sein Großvater. Was folgt, könnte der Plot für ein Coming-of-Age-Movie sein. Der Teenager beginnt mit Bodybuilding; eine andere Sportart kommt aufgrund seiner Arbeitszeiten und mangels Angebot nicht infrage. Und er spielt in einer Rockband. Um sich Instrumente leisten zu können, repariert der 16-Jährige Autoradios.

Da spürt er es zum ersten Mal, dieses „Unternehmer- Gen“. Sein Ehrgeiz ist geweckt. Mit 22 Jahren übernimmt er als Franchisenehmer seinen ersten Edeka-Markt, drei weitere werden in den nächsten sechs Jahren folgen. „In einem Alter, in dem andere noch studieren, hatte ich bereits einen Erfahrungsvorsprung von acht, neun Jahren“, sagt Schaller, „den habe ich genutzt.“ Der junge Unternehmer steht nachts um drei Uhr auf, um zum Großmarkt zu fahren und anschließend seine Filialen zu beliefern. Bis zu 100 Stunden habe er in der Woche auf der Uhr gehabt, erzählt Rainer Schaller. Zeit für seinen Sport findet er trotzdem.

Bodybuilding sei damals mit einem schlechten Image behaftet gewesen: „Gewichte zu stemmen galt als Quälerei, nicht als Sport.“ Das will Rainer Schaller ändern, mit eigenen Studios, von ihm konzipiert. Für den ersten McFit in Würzburg verkauft der 28-Jährige einen seiner Lebensmittelmärkte, die Geräte stammen aus Konkursmasse. Das Studio hat einen für damalige Verhältnisse extrem überdimensionierten Freihantelbereich, wofür man ihn belächelt. Allerdings nicht lange, das Konzept funktioniert. Und Schaller weiß auch, warum: „Du kannst nur Angeln verkaufen, wenn du selbst angelst“, sagt der Unternehmer. Rainer Schaller lässt seine ganze Erfahrung als Bodybuilding-Sportler in sein Geschäftsmodell einfließen und geht mit Dumpingpreisen an den Markt. „McFit war ein völliges neues Segment“, sagt Schaller, „bis dahin gab es Gerätetraining nur in Verbindung mit Wellnessangeboten. McFit bedeutete Fitness auf den Punkt gebracht, ohne Schnickschnack. Schnell wurden wir für Sportler interessant, die eine muskuläre Dysbalance ausgleichen wollen. Heute gibt es überall auf der Welt günstige Konzepte wie McFit. Aber wir waren die Ersten.“

Mit wegweisenden Konzepten den Fitnessmarkt zu verändern wird Schallers Mission – und sein Erfolgsrezept. Intuitiv erkennt er Chancen, um neue Zielgruppen zu erschließen – und setzt sie um, etwa mit der Kuchenmanufaktur Steven Baker. Überzeugt von den Ideen des gleichnamigen Fitnessathleten und Bäckers, verwirklicht er dessen Konzept einer „Pâtisserie légère“ für figurbewusste Kunden unter dem Dach seiner Gruppe. Marketingcoups wie die Zusammenarbeit mit den Klitschko-Brüdern oder dem Designer Michael Michalski befeuern die Expansion von McFit. Weitere Marken etablieren sich unter dem Dach der RSG Group, die heute in acht Ländern aktiv ist. Rückblickend betrachtet, hätte man natürlich schneller wachsen können, sagt der Unternehmer, aber er habe stets auf konservative Finanzierungen Wert gelegt. „Die meisten Konzerne in der Branche sind Hedgefonds-getrieben“, sagt Rainer Schaller, „mir war und ist die finanzielle Unabhängigkeit wichtig. Ich will meine Kunden zufriedenstellen, nicht dem Shareholder-Value hinterherrennen.“ Doch das sei nicht der einzige Grund, warum er auf organisches Wachstum setze: „Es geht nicht darum, neue Gyms aufzumachen, du brauchst ja auch die Leute, die das dann umsetzen. Und es muss zu unseren Unternehmenswerten passen.“

Seit der Eröffnung des ersten McFit 1997 habe es nur zwei Aufkäufe von Mitbewerbern gegeben, sagt Rainer Schaller; einer der ehemaligen Inhaber, Vito Scavo, ist heute sein COO. Dass die Werte, die „DNA unserer Kultur“, für jeden seiner
rund 5000 Mitarbeiter erlebbar sind, sei ihm extrem wichtig. Darin sieht er auch seine unternehmerische Verantwortung: „Ich vergleiche das gern mit einem Fanclub. Man muss für den Verein brennen, aber der Verein muss dir auch etwas zurückgeben.“ Dass viele Mitarbeiter schon lange für ihn tätig sind, zeige ihm, ebenso wie positives Feedback, dass er auf dem richtigen Weg sei. „Ich möchte, dass meine Leute glücklich sind“, sagt Schaller. Und er möchte etwas zurückgeben, nicht nur in Worten: So hat er anlässlich seines 50. Geburtstags zu Beginn des Jahres seine gesamte Mannschaft mit auf eine Reise nach Ägypten genommen.

Vor Kurzem hat er sich aus dem operativen Geschäft zurückgezogen, konzentriert sich nun ganz auf die strategische Ausrichtung der RSG Group und tüftelt an neuen Ideen. Eine davon wird im kommenden Jahr Wirklichkeit, dann eröffnet Schaller zwei High-End-Fitnessstudios in Los Angeles, der Monatsbeitrag soll bei 250 Dollar liegen. Weitere Standorte sind San Francisco, Dallas – und Berlin, wo dieser „Social Fitness Club“ 2022 seine Türen öffnen soll und wo Schaller heute lebt. Mit Begeisterung, wie er sagt: „Das Kreative, die Start-up-Szene, all das reizt mich an Berlin.“ Hin und wieder gehe er auf Reisen, so wie gerade vor wenigen Wochen, als er zum Zelten im Sudan war. Er liebe das Einfache. „Ich war schon immer ein sehr zufriedener Mensch“, sagt Rainer Schaller, „egal wo ich gerade stehe. Das liegt wohl an meiner Kindheit: Wenn man nicht viel hat, schätzt man das, was man hat, umso mehr.“ Wohl deshalb habe er ein entspanntes Verhältnis zu Geld, der Erfolg habe ihn nicht „hungrig“ gemacht. „Ich bin kein Besessener“, sagt Rainer Schaller, „ich sehe das Leben als Leiter: Du wirst von den Eltern irgendwohin gestellt – mal höher, mal tiefer –, aber den Rest musst du allein hochsteigen.“

Einmal, sagt der McFit-Gründer, habe er fast den Tritt verloren, das war nach dem Unglück während der Love-Parade in Duisburg 2010, deren Veranstalter und Sponsor er war. „Diesen Tag zu verarbeiten ist eine Lebensaufgabe“, sagt er, „es gibt einen Rainer Schaller davor und danach.“ Nie hätte er sich vorstellen können, dass so etwas passieren könnte, „schon gar nicht in Duisburg“. Noch heute trifft er sich mit Angehörigen und Betroffenen, „das hilft“. Die moralische Verantwortung wiege schwer, sagt der Unternehmer, doch er habe seinen Tritt wiedergefunden. Die Leiter steht noch; sie führt zu Projekten wie The Mirai und vielen anderen, von denen Rainer Schaller selbst noch nichts weiß. Er kann auf sein Unternehmer-Gen vertrauen: Wenn ihn eine Idee überzeugt, wird er sie auch umsetzen.

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