Tugenden des Unternehmertums

Tugenden des Unternehmertums


Was bedeutet Unternehmertum heute – für etablierte Unternehmer wie auch für Gründer? Um diese und andere Fragen zu diskutieren, baten wir die Berliner Unternehmer Dirk C. Kasten und Max Franke an den virtuellen runden Tisch.

Was bedeutet Unternehmertum heute – für etablierte Unternehmer wie auch für Gründer? Um diese und andere Fragen zu diskutieren, baten wir die Unternehmer Dirk C. Kasten und Max Franke an den virtuellen runden Tisch.

Interview: Redaktion BBE, Foto: pexels / pixabay

Unsere Interviewpartner


Dirk C. Kasten ist Inhaber von KASTEN-MANN REAL ESTATE ADVISORS. Der Experte für Gewerbeimmobilien brachte sein Unternehmen vor 19 Jahren an den Start. Zuvor studierte er an der EBS Universität für Wirtschaft und Recht.


Max Franke ist Gründer und CEO von meister1. Die Plattform digitalisiert die Angebotserstellung im Handwerk, um effizienter neue Kunden zu gewinnen. Franke studierte an der Hochschule der Medien Stuttgart.


Herr Kasten, Sie sind seit vielen Jahren erfolgreich im Immobilienbereich tätig, sind also ein „klassischer“ Unternehmer, Familienunternehmer. Wie definieren Sie Unternehmertum und wie verstehen Sie die Rolle des Unternehmers in unserer Gesellschaft?

Unternehmertum verstehe ich zunächst als Verantwortung im Sinne von Verantwortung für meine Mitarbeiter, die sich einen sicheren Arbeitsplatz wünschen und Sinn in ihrem täglichen Tun verspüren möchten. Natürlich sehe ich mich auch in der Verantwortung unseren Kunden gegenüber, denen wir die bestmögliche Dienstleistung anbieten möchten. Drittens habe ich als Unternehmer Verantwortung für meine Familie – wir sind ein Familienunternehmen – und da ist es für uns alle wichtig, dass das Unternehmen gut funktioniert und noch über Generationen funktioniert wird und wir von dem, was wir erwirtschaften, leben können. Dies bezieht auch die Möglichkeit des Gestaltens ein, Unternehmer sollten auch immer den Wunsch haben, etwas zu verändern und besser zu machen.

Unternehmer, gerade auch die aus kleineren und mittelständischen Unternehmen, leisten sehr viel für die Gesellschaft. Sie schaffen Arbeitsplätze und versuchen diese zu halten, auch wenn die Situation einmal schwierig wird. In der Politik und bei großen internationalen Konzernen dagegen kann man manchmal den Eindruck gewinnen, dass das Handeln der Personen oftmals keine Konsequenzen hat. Der Unternehmer bekommt die Konsequenzen seines Tuns direkt zu spüren. Daher handelt er eher sehr verantwortungsbewusst.

Herr Franke. Wie definieren Sie Unternehmertum?

Für mich persönlich ist Unternehmertum eine höchst sinnbringende Tätigkeit. Ich verstehe darunter Verantwortungsübernahme im weitesten Sinne. In erster Linie natürlich gegenüber meinen Mitgesellschaftern, unseren Mitarbeiter und Kunden. Aber auch darüber hinaus gegenüber Gesellschaft und Umwelt. Unternehmertum lässt sich für mich nicht auf persönliche Gewinnmaximierung reduzieren. Mit meinem unternehmerischen Handeln möchte ich für alle Seiten Mehrwerte schaffen und sehe mich als Modernisierer und Reformer. Unternehmertum ist für mich dabei immer eine aktiv teilhabende Rolle, da ich mit meinen Partnern (Mit-Unternehmern) nicht nur in der größten Verantwortung stehe, sondern auch das größte Risiko trage. Ohne den Unternehmer glorifizieren zu wollen, glaube ich schon, dass ein derartiges Involvement richtig verstanden eine zentrale Rolle nicht nur in der Wirtschaft, sondern generell in unserer Gesellschaft spielt. Falsch verstanden kann verantwortungsloses Unternehmertum aber eben auch zu massiven Schäden führen.

Wie haben sich Selbstverständnis und Rolle in den letzten Jahren geändert?

Wie sich das Selbstverständnis der Unternehmer geändert hat, kann ich schwer beurteilen. Ich kenne viele tolle Unternehmerpersönlichkeiten die ihre Rolle und Verantwortung genauso verstehen. In meinem Umfeld ist das die deutlich überwiegende Mehrzahl. Themen wie Klimawandel und soziales Unternehmertum ebnen da gerade den Weg für eine neue Unternehmergeneration. Ich finde das sehr spannend und unterstütze das. Aber natürlich gibt es auch negative Gegenbeispiele.

Leider ist es so, dass in den Medien vor allem die Negativbeispiele hochgespielt werden. Sich positiv verhaltende Unternehmer finden in den Medien kaum Beachtung. Das kostet uns Unternehmer Vertrauen. Eine sehr ungünstige Entwicklung, da fehlendes Vertrauen die Kosten der Verantwortung nach oben treibt. Das ist aber ein grundsätzlicher Negativtrend der auch andere auf Vertrauen basierende Berufsgruppen wie Politiker, Top-Manager etc. betrifft.

Stimmen Sie dem zu, Herr Kasten?

Unternehmerinnen und Unternehmer haben im Laufe der Jahre immer besser verstanden, dass sie nur erfolgreich sein können, wenn sie ein gutes Team aufgebaut haben – und dieses auch beständig motivieren. Auch flexible Arbeitszeiten, ein angenehmes Arbeitsumfeld und das Zeigen der Wertschätzung durch Add Ons wie gemeinsame Events und Reisen stehen heute wie selbstverständlich auf der Tagesordnung.

Trotzdem hatte das Unternehmertum meiner Ansicht nach früher ein besseres Image. Heute wird der Unternehmer schnell als raffgierig und egoistisch dargestellt – auch die Medien tragen leider ihren Anteil dazu bei. Dass ein Unternehmer aber viel Verantwortung trägt, einen wichtigen Beitrag zu den Staatsfinanzen und zum Arbeitsmarkt leistet, gerät immer mehr in den Hintergrund, obwohl Leistung und Innovationskraft immens sind.

Was denken Sie, welche Werte und Tugenden braucht es – speziell heute – damit Unternehmertum gelingen kann?

Für mich stehen Teamwork und Wertschätzung der Mitarbeiter an erster Stelle. Dazu kommt Transparenz in der Dienstleistung: Sie ist kein Selbstzweck für das Unternehmen, vielmehr muss der Kunde die Dienstleistung verstehen und sie muss ihm gefallen, sonst entscheidet er sich womöglich für einen anderen Anbieter. Und ja, die Sinnstiftung halte ich auch für sehr essentiell: Der Mitarbeiter muss einen Sinn in seiner Tätigkeit für das Unternehmen erkennen. Bei uns geht ein Großteil des Gewinns in die von mir gegründete gemeinnützige Kasten-Mann-Stiftung – das motiviert die Mitarbeiter.

Und wie ist Ihr Blick auf das Thema, Herr Franke?

Im Laufe der Jahre habe ich vor allem gelernt, wie wichtig Vertrauen im täglichen Geschäftsleben ist. Überall wo Vertrauen nachhaltig aufgebaut und gelebt wird, entfaltet sich Raum für Mehrwerte oder können Konflikte effizienter und besser gelöst werden. Damit meine ich nicht nur interpersonelles Vertrauen, sondern Vertrauen als universelle Währung im Geschäftsleben. Marketing und PR sollen breitflächig Vertrauen zu Kunden und Richtung Gesellschaft schaffen. Diese Kommunikation muss ehrlich und authentisch sein, damit dann letztlich auch Vertrauen entsteht. Wenn es um Vertrauen geht, glaube ich nicht an Abkürzungen.

An Sie selbst gerichtet, Herr Kasten. Was ist Ihnen bei der Führung Ihres Unternehmens besonders wichtig – sowohl zur Kunden- als auch zur Mitarbeiterseite?

Für den Kunden zu denken und eine Dienstleistung anzubieten, die vornehmlich für den Kunden einen Mehrwert liefert, das ist mir besonders wichtig. Ich sprach eben schon einmal den Punkt Transparenz an. Das gilt nicht nur für unsere Dienstleistung, sondern auch dafür, dass der Kunde sieht, wie unser Geschäftsmodell aufgebaut ist, wie wir uns finanzieren. Das schafft gegenseitiges Vertrauen.

Noch einmal ins Unternehmen hinein geschaut: Teil eines Teams zu sein, das Vertrauen der Mitarbeiter zu genießen, motivieren zu können, das zählt. Dem Handeln eines Mitarbeiters Wertschätzung zu verleihen und ihm den Sinn seines Tuns deutlich zu machen, ist das Ziel.

Ich gebe die Frage weiter an Herrn Franke. Wie ist Ihre Einstellung dazu und wie gehen Sie im Alltag vor?

Für unsere Kunden will ich substantielle Mehrwerte schaffen und entsprechend unserer Mission „Digitalisierung des Handwerks“ die Grundlage bereitstellen auf der sich unsere traditionsreiche Kundschaft schnell uns sicher ins digitale Zeitalter bewegen kann. Für unsere Mitarbeiter will ich sichere Arbeitsplätze bereitstellen und Räume schaffen in denen sich jeder Einzelne kreativ an der Realisierung unserer Vision beteiligen kann. Unsere Mitarbeiter sind großartig, wollen Verantwortung und sinnstiftend tätig sein. Ich verstehe es als meine Aufgabe als Unternehmer sie dazu in die Lage zu versetzen.

Berlin hat eine ausgeprägte Start-up-Kultur. Gibt es etwas, das etablierte Unternehmer von Gründern lernen können? Und andersherum: Wie können Start-ups vom „Spirit“ der Traditionsunternehmen profitieren?

Auf jeden Fall. In unserem Geschäftsfeld arbeiten wir mit vielen etablierten Partnern aus Herstellung, Handel und Handwerk intensiv zusammen. Wir lernen von unseren Partnern und Kunden jeden Tag dazu und diese umgekehrt auch von uns.

Wie denken Sie darüber, Herr Kasten? Was können etablierte Unternehmen von Gründern lernen – und andersherum?

Etablierte Unternehmen können lernen, dass Digitalisierung nicht nur Herausforderung ist, sondern genauso Chance. Und dass hier Schnelligkeit gefordert ist, um mit den Veränderungen Schritt zu halten – Digitalisierung ist ein permanenter Prozess! Außerdem: Neue motivierende Arbeitsplatzkonzepte sind gefragt. Andererseits: Start-ups können von der Erfahrung der „alten Hasen“ lernen.

Vielen Dank!

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