Was würde die Verbannung der Dieselfahrzeuge aus der Stadt bedeuten?

Was würde die Verbannung der Dieselfahrzeuge aus der Stadt bedeuten?


Wir haben Berliner Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft um ihren Standpunkt gebeten.

Foto: Nabeel Syed

Wir haben Berliner Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft um ihren Standpunkt zum Thema „Was würde die Verbannung der Dieselfahrzeuge aus der Stadt bedeuten?“ gebeten.

 

„Es ist Aufgabe der Automobilindustrie, die Dieselmotoren so zu ertüchtigen, dass die Grenzwerte nicht nur auf dem Papier, sondern im realen Betrieb eingehalten werden. Die Kosten müssen die Hersteller tragen, die ihren Kunden Autos unter Vorspiegelung falscher Tatsachen verkauft haben. Fahrverbote wären das letzte Mittel, um die Gesundheit der Menschen zu schützen. Die Bundesregierung und die Automobilhersteller müssen jetzt endlich handeln.“

Regine Günther ist seit Dezember 2016 Senatorin für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz in Berlin. Zuvor war die in Kaiserslautern geborene Politikwissenschaftlerin Generaldirektorin für Politik und Klima bei der Umweltstif tung WWF. Sie setzt sich für Änderungen in der Berliner Verkehrsstruktur ein und will die Bedingungen für Radfahrer verbessern.

 

„Leider ist der Dieselmotor im öffentlichen Personennahverkehr, im Lieferverkehr und für viele Handwerksbetriebe noch immer alternativlos. Bei einer kurzfristigen Verbannung würde alles zusammenbrechen. Alternative Antriebe sind längst nicht für alle benötigten Fahrzeugtypen erhältlich, bei der Elektromobilität fehlen leistungsfähige Akkus und die notwendige Lade-Infrastruktur. Ausweg: massive Förderung von Elektromobilität für gewerbliche Vielfahrer, anstatt Fördermittel mit der Gießkanne an Private zu verteilen, und ein Sofortprogramm ,Lade-Infrastruktur‘ für Innenstädte!“

Stephan Berndt betreibt seit 25 Jahren das Kreuzberger Taxiunternehmen Space Cab. Er setzt sich für das Berliner Taxigewerbe ein und trug dazu bei, dass Unternehmer mit Migrationshintergrund gehört werden. Sein aktuelles Projekt: Mobilität für alle – 250 Inklusionstaxis für Berlin.

 

 

Was mich an dieser Debatte stört: Man redet nicht über die Gesamtsituation, sondern greift sich dieses eine Detail heraus. Es wurde auf dem Gebiet schon so viel erreicht, die CO2-Emissionen wurden in Berlin bereits massiv reduziert. Das, was gerade diskutiert wird, spielt sich im Promillebereich ab. Dieselfahrzeuge sind zudem sauberer als Benzinautos. Hier wird aus einer Mücke ein Elefant gemacht!“

Thomas Lundt ist Obermeister im Vorstand der Berliner Kfz-Innung. Dort beobachtet man zwar den Aufschwung der Elektromobilität intensiv, will in den eigenen Planungen aber nicht langfristig auf nur eine Technologie setzen. Lundt ist außerdem Geschäftsführer und Inhaber von Lundtauto Sportwagenservice.

 

 

„Den Diesel aus der Stadt zu verbannen würde weniger Emissionen bedeuten – von Stickoxiden bis zu Lärm. Aber nachhaltig und fair sollte das vonstattengehen, eventuell auch mit Unterstützung für einen Umstieg auf intelligente Mobilität. Intelligent heißt, nicht nur Verbrenner durch Elektroautos zu ersetzen. Wir brauchen einen höheren Anteil von Rad- und Fußverkehr, mehr öffentlichen Verkehr sowie die gemeinsame Nutzung von Fahrzeugen. Für den Wirtschaftsverkehr brauchen wir mehr Elektrofahrzeuge und elektrische Lastenräder.“

Gernot Lobenberg leitet seit 2011 die Berliner Agentur für Elektromobilität eMO, die von der Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie GmbH getragen wird. eMO bündelt als zentrale Anlaufstelle für intelligente Mobilität in der deutschen Hauptstadtregion die Kompetenzen aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Verwaltung.

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