Wege aus der Wohnungsnot

Wege aus der Wohnungsnot


Am 21. Januar war Richtfest: Im Neuköllner Rollbergkiez baut die kommunale Wohnungsbaugesellschaft Stadt und Land bis zum Frühjahr 2020 101 neue Wohnungen. Dringend benötigt in der immer weiter wachsenden Stadt Berlin. In der Hauptstadt fehlen schon jetzt rund 170 000 bezahlbare Wohnungen, Tendenz steigend.

Am 21. Januar war Richtfest: Im Neuköllner Rollbergkiez baut die kommunale Wohnungsbaugesellschaft Stadt und Land bis zum Frühjahr 2020 101 neue Wohnungen. Dringend benötigt in der immer weiter wachsenden Stadt Berlin. In der Hauptstadt fehlen schon jetzt rund 170 000 bezahlbare Wohnungen, Tendenz steigend.

Text: Lenya Meislahn, Foto: Unsplash

„Dem Mangel an bezahlbarem Wohnraum können wir nur durch Zukauf und Neubau gleichzeitig begegnen und dieses Neubauprojekt zeigt, dass wir dafür auch in dichtbesiedelten Gebieten noch Flächen finden können“, sagte Jochen Biedermann, Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung, Soziales und Bürgerdienste in Neukölln beim Richtfest.

Kaufen und bauen gelten der Politik in Berlin und auch im übrigen Deutschland als wirksames Mittel gegen die steigende Wohnungsnot. In den letzten Jahrzehnten jedoch haben Städte ihre Grundstücke und Wohnungen vielfach an private Investoren verkauft, insbesondere, um Haushaltslöcher zu stopfen. Im Zuge der Föderalismusreform im Jahr 2006 beschloss der Bund gar, sich aus der gezielten Förderung des Sozialwohnungsbaus zurückzuziehen. Das hat immer noch Folgen: Laut der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe schrumpft die Zahl der Sozialwohnungen bis zum Jahr 2020 auf 1,1 Millionen bundesweit. Die jetzige Regierungskoalition will mindestens zwei Milliarden Euro in den sozialen Wohnungsbau investieren, so könnten 1,5 Millionen bezahlbare Wohnungen entstehen.

Vorhandene Wohnungen besser nutzen

Sozialer Wohnungsbau sei ebenso wie die Mietpreisbremse bisher nicht das wirksamste Mittel, um der Wohnungsnot und den steigenden Mieten insbesondere in den großen deutschen Städten zu begegnen, stellt das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln in einer Studie fest. Das IW identifiziert andere Strategien als erfolgversprechender, um den Wohnungsmarkt zu entspannen. So könnten allein über den Ausbau von Dachgeschossen etwa eine Million zusätzliche Wohnungen entstehen. Durch Untervermietung oder Einliegerwohnungen könnten zudem rund vier Millionen Wohnungen in städtischen Räumen besser genutzt werden. Laut der IW-Studie wohnten etwa 1,3 Millionen Haushalte in zu großen Wohnungen, insbesondere Rentner und Familien könnten Wohnungen tauschen.

Eine weitere Strategie sehen die Autoren der Studie in einer Erhöhung des Wohngelds, die vielen Haushalten unmittelbar helfen könnte. Im Gegensatz zur sozialen Wohnraumförderung sei das Wohngeld direkt anwendbar. Der Kauf von Belegungsrechten im Bestand könnte außerdem Haushalten den Zugang zum Wohnungsmarkt erleichtern, die Probleme haben einen Mietvertrag abzuschließen. Bisher würden Belegungsrechte vorwiegend durch den Bau von neuen Sozialwohnungen geschaffen, was teuer und wenig treffsicher sei.

Vorbild: Wien

Kommunen in anderen Nationen nutzen ihre Zeit und Ressourcen marktgerechter. In der österreichischen Hauptstadt Wien zum Beispiel baut die Stadt schon seit mehr als 100 Jahren durchgehend eigene Wohnungen, zentral verteilt auf alle Stadtbezirke. Die günstigen Wohnungen sind begehrt, die Wartezeit beträgt schon mal drei Jahre. Dafür gibt es keine Einkommensgrenze, also jeder kann sich auf die kommunalen Wohnungen bewerben. Das hat den Vorteil, dass die Viertel sozial gemischt sind. Die Stadt sichert sich über die kommunalen Bauten und einen Bodenfonds großen Einfluss am Mietmarkt und zwar planvoll. Gezielt kauft sie Gelände auf und verkauft sie mit der Auflage der Bebauung weiter. Derzeit hat die Stadt Wien rund 2,8 Millionen Quadratmeter Baugrund in petto. Der Plan geht auf. Obwohl seit 2007 die Zahl der Einwohner in Wien um rund zwölf Prozent auf etwa 1,87 Millionen gestiegen ist, sind die Mieten nicht explodiert. Circa 62 Prozent der Wiener leben derzeit in verhältnismäßig günstigen Wohnungen zu Kaltmieten zwischen sieben bis neun Euro pro Quadratmeter. Noch erschwinglicher sind die sogenannten Gemeindewohnungen, von denen es etwa 450.000 derzeit in Wien gibt. Davon gehören 220.000 der Stadt, der andere Teil sind geförderte Wohnungen.

Ob das Wiener Modell auch für Berlin einen Lösungsansatz für das Wohnungsproblems biete, darin sind sich Experten uneins, zumal auch in der österreichischen Hauptstadt die Preise steigen. Das Ausweichen auf Randbezirke oder ins Umland, wo Wohnraum teilweise noch erschwinglicher ist, ist hingegen ein Trend, der sich bereits jetzt abzeichnet und noch weiter fortsetzen wird.

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Martin Klatt, Immobilienexperte, Weberbank Actiengesellschaft, steht Ihnen für Ihre Fragen telefonisch und per E-Mail zur Verfügung: Tel.: (030) 897 98 – 450 E-Mail: martin.klatt@weberbank.de

 

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