Finanzmarkt aktuell

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Der Kommentar von Sascha Rehbein, Portfoliomanager Weberbank, zu den Entwicklungen an den Finanzmärkten vom 26. August 2022.

Der Kommentar von Sascha Rehbein, Portfoliomanager Weberbank, zu den Entwicklungen an den Finanzmärkten vom 26. August 2022.

Autor: Sascha Rehbein, Portfoliomanager Weberbank
Beitragsfoto: Lane V. Erickson / Shutterstock

Für alle Urlaubsrückkehrer, die am Strand keine Nachrichten aus Politik, Wirtschaft oder den Kapitalmärkten lesen konnten bzw. wollten, haben wir leider schlechte Nachrichten – die Lage hat sich in den letzten Wochen nicht verbessert! In der heutigen Ausgabe von Finanzmarkt aktuell lesen Sie mehr.

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Der Wirtschaftsausblick trübt sich zunehmend ein

Wie wir anhand der neusten Frühindikatoren ablesen können, beispielsweise den europäischen Einkaufsmanager-Indizes oder auch dem deutschen ifo Geschäftsklimaindex, wird die wirtschaftliche Abschwächung realer. Auch die Bundesbank geht mittlerweile für Deutschland von einer „sinkenden Wirtschaftsleistung im Winterhalbjahr“ aus. Dies begründet sich maßgeblich durch die explodierenden Energiekosten. Die Gaspreise sind in den letzten zweieinhalb Monaten um 250% angestiegen. Erneut stehen Wartungsarbeiten an der Pipeline Nord Stream 1 im Fokus, allerdings sind diese außerplanmäßig und wohl technisch unbegründet. Somit bleibt die Energiesicherheit ein politischer Spielball und verunsichert Unternehmen sowie Konsumenten gleichermaßen. Wir gehen daher nicht nur von einer wirtschaftlichen Schwächephase aus, sondern auch von weiter ansteigenden Inflationszahlen. Ein Überschießen der 9 Prozentmarke in den kommenden Monaten würde uns nicht überraschen.

Das große Dilemma der EZB

Diese Kombination bereitet Notenbankern natürlich massives Kopfzerbrechen. Steht nun die Inflationsbekämpfung im Vordergrund, und müssten eigentlich weitere Leitzinserhöhungen kommen, oder sollte man sich eher mit restriktiven Maßnahmen zurückhalten, um die Wirtschaft nicht noch zusätzlich zu belasten? Eine extrem schwierige Frage, insbesondere wenn die EZB gleichzeitig an die hochverschuldeten Peripherie-Länder und somit an die Stabilität des Euros denken muss. Wir gehen davon aus, dass zumindest auf den kommenden beiden Sitzungen weitere Zinserhöhungen kommen werden. Darüber hinaus wird es aus unserer Sicht aber immer schwieriger, und möglicherweise muss die EZB ihre Gedanken schon wieder in Richtung Stützungsmaßnahmen wenden. Für die US-Notenbank Fed ist die Aufgabe etwas einfacher geworden. Die Inflation hat sich zuletzt erfreulich zurückbewegt und sollte diesen Pfad perspektivisch fortsetzen können. Diverse Faktoren, die zuletzt für den Preissprung verantwortlich waren, schwächen sich mittlerweile wieder ab. Die Preise für Benzin und Gebrauchtwagen fallen dynamisch, und auch das Ende der Urlaubssaison macht sich bemerkbar. Mietwagen, Übernachtungen und Flüge haben eine Trendumkehr gezeigt. Wenn sich nun auch die Überhitzung am Arbeitsmarkt zurückbildet, kann die Fed langsam von der Bremse gehen.

Spagat am Kapitalmarkt

Wie reagieren nun die Kapitalmärkte auf diese Gemengelage? Der europäische Rentenmarkt ist aktuell hin- und hergerissen. Steht nun die hohe Inflation im Fokus? Dann müssten die Renditen steigen. Oder überwiegen doch die Rezessionssorgen? Das hätte Renditerückgänge zur Folge. Genau dies drückt sich quasi täglich in ungewöhnlich hohen Schwankungen aus und macht eine deutliche Positionierung am Rentenmarkt in die eine oder andere Richtung in diesem Umfeld unmöglich. Wir haben aber in den vergangenen Monaten deutlich auf die wirtschaftliche Abschwächung reagiert und Unternehmensrisiken im Rentenportfolio reduziert. Am Aktienmarkt ist die Berichtssaison quasi beendet, und das Fazit fällt positiv aus. Ein Blick ins Detail trübt das Bild allerdings etwas ein. Wenn man zum Beispiel in den USA den Energiesektor außen vorlässt, war die Gewinnentwicklung rückläufig. Auch die Margen haben sich im vergangenen Quartal zurückbewegt – ein Trend, der sich aus unserer Sicht weiter fortsetzen könnte. Immerhin haben sich nur wenige Unternehmen negativ zum Ausblick geäußert und diesen überwiegend neutral gehalten. Zu den Belastungsfaktoren zählen weiterhin Themen wie die hohe Inflation, die zunehmende Wachstumsabschwächung sowie ein Mangel an qualifizierten Arbeitskräften. Auf der anderen Seite nehmen die Lieferketten-Probleme sukzessive ab und sollten somit den internationalen Warenverkehr unterstützen. Wir haben unsere Aktienportfolios in den letzten Wochen stärker in Richtung defensive Sektoren ausgerichtet, scheuen uns aber nicht vor einzelnen Investitionen in offensiven Titeln. Insbesondere Sektoren, die in diesem Jahr stark unter Druck standen, wie zum Beispiel Technologie und zyklischer Konsum, sollten für erste Käufe genutzt werden.


Sascha Rehbein, Portfoliomanager Weberbank Actiengesellschaft

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