Effekte für Objekte

Effekte für Objekte


Immobilien haben heute klingende Namen. Sie heißen Sapphire, Eisenzahn 1 oder Oxford Living. Das macht sie begehrt und steigert ihren Wert.

Immobilien haben heute klingende Namen. Sie heißen Sapphire, Eisenzahn 1 oder Oxford Living. Das macht sie begehrt und steigert ihren Wert. Vermarktungsstrategen lassen sich immer neue Dinge einfallen, um Wohnungen und Gebäude attraktiv zu machen. Und das funktioniert auch langfristig.

Text: Marcus Müller, Foto: Ralf Schmitz GmbH & Co. KGaA

Es ist kantig, knickt nach vorn, hat schräge Fenster, und die Fliesen an der Fassade schimmern je nach Licht mal silbern, mal blau. Das Eckhaus an der Chaussee- und Schwartzkopffstraße im Norden von Berlin-Mitte fällt sofort auf. Kein Wunder, handelt es sich doch um das erste Wohnhaus von Daniel Libeskind in Deutschland. Der Anfang des Jahres fertiggestellte Bau mit exklusiven Wohnungen trägt unverkennbar die Handschrift Libeskinds – und einen dazu passenden Namen: Sapphire. Der US-Stararchitekt sieht in dem Edelstein die „Charakteristika der Berliner und von Berlin selbst“, wie er einmal sagte. „Ein Saphir ist auch rau, er ist hart, er ist beständig, er ist schroff, er ist auch in seiner Materialität widerstandsfähig.“ Lange bevor am Sapphire die Fliesen aus einer Titan-Keramik-Legierung an der Fassade befestigt worden waren, hatte das Haus so bereits eine Art Story erhalten und folgt damit dem Trend, Immobilien kreativ zu vermarkten und zu positionieren.

Der Name des Objekts ist Teil der Positionierung

Bauprojekte haben heute nicht nur eine Adresse, sondern gleich einen Namen. Sie heißen High West, Oxford Living oder 8 Floors und versprechen viel mehr als nur einfaches Wohnen oder Arbeiten – etwa als 70 Meter hoher, exklusiver Wohnturm mit Traumblick, als Refugium mit dem gediegenen Flair einer Universitätsstadt oder als hochwertige Acht-Etagen-Glaskathedrale. Und weil ab einer gewissen Preisklasse gute Lage und exquisiter Baustandard vorausgesetzt werden dürfen, erfahren Interessenten schnell von den weiteren Annehmlichkeiten eines Objekts: dass etwa Luxusausstatter Bottega Veneta im Eisenzahn 1 für die Lobby verantwortlich zeichnet, zur „neuen Kultur des Wohnens“ im Geisberg ein „Community-Room“ mit Lounge, Fitnessraum und Concierge gehört oder dass die flexiblen Büroräume im 8 Floors „von kalifornischer Startup- Kultur inspiriert“ sind.

Real Estate Brands – Immobilien emotional erlebbar machen

Lutz Grimm ist einer der Profis, die mit solchen Informationen Hausgeschichten schreiben. In der Tucholskystraße in Berlin-Mitte entwickelt er in seiner TPA Agentur für Kommunikationsdesign sogenannte Real Estate Brands. Unzählige Bauten hat der Miteigentümer und Geschäftsführer von TPA in den vergangenen 20 Jahren schon zu Immobilienmarken gemacht. Aus einleuchtenden Gründen: „Kreative Immobilienvermarktung positioniert eine Immobilie und macht sie mit einem Konzept emotional erlebbar, wodurch eine klare Orientierung gestiftet wird“, sagt der 47-Jährige. Dies sei immer dann nötig, „wenn etwas kommuniziert werden soll, das über den funktionalen Wert einer Immobilie hinausgeht“.

Die Motivation für den Käufer ist Sammler-Leidenschaft

Mit 32 Mitarbeitern aus dem Architekturbereich sowie Designern, Textern, Projektmanagern und sogar Filmproduzenten entwirft Grimm die Kommunikationskonzepte. So auch für das Gesamtkunstwerk Sapphire: „Libeskind-Bauten sind immer Skulpturen. Beim Sapphire war schnell klar, dass es sich dabei um ein Sammlerstück handelt. Die Motivation zum Kauf ist, ein Architekturjuwel in Berlin zu erwerben.“ Dabei gehe es wie bei anderen Sammlerobjekten um das Besitzenwollen, so Grimm. Unterstrichen wurde diese besondere Wertigkeit durch eine Verkaufsbroschüre, die eher an einen Kunstkatalog erinnert. Jeder Käufer bekam ein kleines, limitiertes, von Libeskind signiertes Kunststoffmodell des Gebäudes: „das Sapphire fürs Regal“, so Grimm.

Einzigartigkeit ist ein Mehrwert, der sich langfristig auszahlt

Geschichten kurbeln aber nicht nur den Erstverkauf an, sie nutzen dem Eigentümer auch langfristig, denn das Objekt ist attraktiver für die Vermietung oder den Wiederverkauf. „Einzigartigkeit ist immer ein Mehrwert, den man aber nur schwer beziffern kann“, so Grimm. Als ein Beispiel nennt er das Wohnhaus von Le Corbusier an der Heerstraße. Dessen Architektur und Design hätten es so begehrt gemacht, dass dort für den Quadratmeter lange vor dem Immobilienboom. Tausende Euro mehr gezahlt worden seien als für vergleichbare Immobilien. „Das ist der Sammlerstückmehrwert“, so Grimm. Den nutzt in gewisser Weise auch die Profi Partner AG. Deren Gründer und Chef Dirk Germandi hat aus besonderen Bestandsimmobilien, etwa dem Haus Cumberland am Kurfürstendamm, im Zuge des Umbaus zur Wohnimmobilie eine eigene Marke gemacht. „Modernes Wohnen hinter historischer Fassade“, nennt die Profi Partner AG das. Dabei muss natürlich immer die Wertigkeit der Immobilie stimmen. Das Familienunternehmen Ralf Schmitz baut in fünfter Generation exklusive Gebäude an besonderen Standorten, etwa das Eisenzahn 1 in Berlin. „Bei uns steht das Projekt im Vordergrund“, betont Ralf Schmitz. „Man muss bereit und in der Lage sein, die Besten ihres Fachs – Architekten, Interiordesigner und Landschaftsarchitekten – zu einem Team zu formen, um ein wirkliches ‚Gesamtkunstwerk‘ entstehen zu lassen. Die Architektur muss von zeitloser Eleganz sein und sich zurückhaltend in die Umgebung einfügen, als wenn nie etwas anderes dort gestanden hätte.“

 

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