Thomas Jarzombek: Mentor der Digitalwirtschaft

Thomas Jarzombek: Mentor der Digitalwirtschaft


Thomas Jarzombek ist Beauftragter des BMWi für die Digitale Wirtschaft und Start-ups, darüber hinaus noch Koordinator der Bundesregierung für Luft- und Raumfahrt. Wie er seine Rolle als Mentor der Digitalwirtschaft sieht und wie er die Entwicklung der Digitalisierung einschätzt, darüber spricht er im Interview.

Thomas Jarzombek ist Beauftragter des BMWi für die Digitale Wirtschaft und Start-ups, darüber hinaus noch Koordinator der Bundesregierung für Luft- und Raumfahrt. Wie er seine Rolle als Mentor der Digitalwirtschaft sieht und wie er die Entwicklung der Digitalisierung einschätzt, darüber spricht er im Interview.

Interview: Anke Bracht, Foto: Tobias Koch, Erscheinungsdatum: 18. August 2020

Herr Jarzombek, auf Ihrer Seite steht, Sie möchten den digitalen Markt für Start-ups und für den Mittelstand weiter öffnen, auch international. Wie gehen Sie hier vor?

Hier geht es mir vor allem darum, dass Start-ups und Mittelständler gute Bedingungen haben, um sich besser zu entwickeln und Innovationen voranzutreiben. Dafür muss zum einen die Regulierung stimmen. Bei Start-ups sehe ich hier zum Beispiel das Thema Mitarbeiterkapitalbeteiligung – ein wichtiges Instrument zur Gewinnung auch internationaler Fachkräfte. Wir haben bereits wichtige Schritte unternommen, um das zu ermöglichen. So sieht das aktuelle Konjunkturpaket die Schaffung einer attraktiven Möglichkeit der Mitarbeiterbeteiligung vor und zudem erleichtert das Fachkräfteeinwanderungsgesetz die Arbeitsaufnahme von qualifizierten Fachkräften. Zum anderen sind Startups auf Finanzierung angewiesen. Hier sind wir bereits gut aufgestellt bei der Frühphasenfinanzierung von Start-ups, haben aber noch Nachholbedarf bei Finanzierungsrunden über 50 Mio. Euro. Es ist daher gut, dass es einen Koalitionsbeschluss gibt, um einen Beteiligungsfonds für Zukunftstechnologien von bis zu 10 Mrd. Euro bei der KfW aufzulegen. Das Konzept für diesen Fonds steht. Jetzt geht es an die Umsetzung. Und schließlich muss der Staat auch selbst zum Innovationstreiber werden. Der öffentliche Sektor ist ein bedeutender Auftraggeber und kann auf diesem Wege enorme Innovationen ermöglichen. Grade die öffentliche Verwaltung hat noch einen ziemlichen Aufholbedarf in Sachen Digitalisierung und kann sehr von innovativen Ideen profitieren. Hier sollten deutlich mehr Startups und Mittelständler zum Zug kommen.

Wie arbeiten Sie mit Start-ups zusammen bzw. wie unterstützen Sie Start-ups?

Die Bundesregierung hat eine Reihe von Instrumenten entwickelt, mit denen wir Startups unterstützen. Da sind zunächst unsere erfolgreichen Angebote zur Finanzierung von Gründungen. Mit der Frühphasenfinanzierung durch das Programm EXIST fördern wir jährlich mit fast 100 Mio. Euro junge Tech-Start-ups und haben mit „EXIST Potentiale“ einen Impuls für mehr Entrepreneurship in über 200 deutschen Hochschulen gegeben. Ein anderes Beispiel ist der High-Tech Gründerfonds, der mit einem Gesamtfondsvolumen von etwa 900 Mio. Euro bereits fast 600 Start-ups direkt finanziert hat. Er ist damit wahrscheinlich einer der größten Seed-Fonds Europas. Mit dem Programm „INVEST – Zuschuss für Wagniskapital“ mobilisieren wir Privatpersonen, vor allem Business Angels, für Investitionen in Wagniskapital. Seit Bestehen des Programms im Jahr 2013 wurden bereits über 800 Millionen Euro privates Wagniskapital mit INVEST bezuschusst. Der größte Teil unserer Förderung im Bereich Start-up Finanzierung erfolgt allerdings indirekt über unsere Dachfonds-Instrumente in Kooperation mit dem Europäischen Investitionsfonds und der KfW Capital. Neben Venture Capital Fonds finanzieren wir dort mit Blick auf die Wachstumsfinanzierung auch sog. Venture Debt Fonds, die das Bindeglied zwischen dem klassischen Wagniskapitalmarkt und dem etablierten Kapitalmarkt bilden.

Wie war und war Ihre Strategie während der Coronakrise?

In der Start-up Finanzierung agieren wir sehr marktnah und nahezu immer nach dem so genannten pari passu Prinzip – immer gemeinsam mit privaten Investoren zu identischen Konditionen. Und von diesem Ansatz rücken wir auch nicht während der Corona-Krise ab, wie man zuletzt bei der Auflage des 2 Mrd. Euro großen Corona Start-up Maßnahmenpakets sehen konnte. Neben der Finanzierung spielt für Start-ups die Vernetzung mit wichtigen Akteuren des Startup-Ökosystems eine wichtige Rolle. Mit dem German Accelerator vernetzen wir Startups mit den Zentren in den USA und in Asien und sorgen dafür, dass es auch in Deutschland Unicorn-Startups gibt. Zudem sorgt die Digital Hub Initiative des BMWi für Vernetzung international führender Unternehmen, kleine und mittlere Unternehmen, Forschungseinrichtungen, Startups und Investoren.

Sie befassen sich schon seit Jahren mit dem Thema Digitalisierung – als Unternehmer wie als Politiker. Wie fließen Ihre Erfahrungen als Unternehmer in Ihre Arbeit ein?

Ich habe Anfang der Nullerjahre mit zwei Freunden eine Firma gegründet, die wohl am ehesten dem entspricht, was man heute Start-up nennt. Allerdings war es damals praktisch unmöglich, an Kapital zu kommen, wenn man nicht von Anfang an Geld verdienen konnte. Das hat sich glücklicherweise heute gebessert, auch mit Hilfe diverser staatlicher Instrumente. Ich habe mich, geprägt durch meine Erfahrungen, stets für bessere Bedingungen für die Start-ups eingesetzt. Denn ich habe damals gelernt: Die beste Idee nützt nichts, wenn man sie nicht finanzieren kann und Innovationen durch Regelungen ausgebremst werden.

Was sind die größten Herausforderungen bei Ihrer Tätigkeit als Beauftragter für die Digitale Wirtschaft und Start-ups?

Als Beauftragter bin ich so etwas wie eine Schnittstelle zwischen dem Ministerium und der Digitalwirtschaft bzw. den Startups. Ich tausche mich daher viel mit Akteuren der Startup-Szene aus und versuche das, was ich dort an Anregungen bekomme, in den komplexen Weg der Gesetzgebung einzubringen. Hier prallen zum Teil Welten aufeinander: einerseits Startups, die gewohnt sind, schnell zu agieren, und andererseits politische Prozesse, die sehr langwierig sein können. Zwar haben wir gerade in der Corona-Krise gesehen, wie schnell die Bundesregierung Unterstützungsprogramme ins Leben rufen kann. Aber für grundlegende Strukturreformen braucht man Zeit und muss alle Akteure einbeziehen.

Ein Blick in die Glaskugel: Wo wird Deutschland in fünf Jahren in Sachen Digitalisierung stehen?

Wir leben in einer spannenden Zeit und es wird sich enorm viel tun in den nächsten fünf Jahren. Wir haben das mächtige Thema der Künstlichen Intelligenz, das auch mittelständischen Unternehmen unglaubliche Chancen und Entwicklungsperspektiven bietet. Daher arbeiten wir dafür, Deutschland und Europa hier als weltweit führenden Standort zu etablieren.

Auch Blockchain ist ein Thema, das viel Potential für Mittelständler bietet. Zum Beispiel können kleine und mittlere Unternehmen in Wertschöpfungsketten sicher und vertrauensvoll auf produktbezogene Daten zugreifen, etwa bei einem digitalen Zwilling in der Industrie 4.0. Die Basis von fast allem werden digitale Plattformen sein. Sie treiben auf Basis der Vielzahl von verfügbaren Daten Innovationen und neue Geschäftsmodelle voran. Diese breite Datenverfügbarkeit ist auch die Grundvoraussetzung für KI-Innovationen. Deutschland und Europa müssen hier international aufholen. Wir müssen den Ehrgeiz haben, dass auch aus Europa heraus wichtige Player in der Plattformökonomie entstehen. Unser Ziel ist es, eigene, weltweit erfolgreiche Plattformen zu schaffen. Ein zentrales Instrument dafür ist Gaia-X. Es ist gewissermaßen die Wiege eines offenen und transparenten digitalen Ökosystems, mit dem Daten und Dienstleistungen zur Verfügung gestellt werden können. Und das Ganze in einem vertrauensvollen Umfeld.

Für alle Fragen rund um Ihr Vermögen steht Ihnen Roland Lis, Berater Privatkunden, Weberbank Actiengesellschaft, telefonisch und per E-Mail zur Verfügung: Tel.: (030) 897 98 – 403, E-Mail: roland.lis@weberbank.de

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